Lebenskunst
26.6. | 07:05 | Ö1
Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst – Bibelessay zu Galater 5,1.13-18
„Das ganze Gesetz ist in dem einen Wort erfüllt: Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.“ Das schreibt Paulus um das Jahr 54/55 in seinem Brief an die Gemeinden in Galatien, zu hören am 26. Juni 2022 in katholischen Gottesdiensten. Damit zitiert der frühere gesetzestreue Jude, der sich dem Christentum zugewandt hat, aus der jüdischen Bibel, dem 3. Buch Mose: Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst. Der Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs, der Theologe, Sozialwissenschafter und Priester Markus Schlagnitweit, folgert daraus, dass zwar Regeln für das Funktionieren von menschlichen Gemeinschaften notwendig sind, aber diese Regeln auch ein Grundmaß an allgemeiner Akzeptanz und Plausibilität brauchen: „Sonst verlieren sie ihre gemeinschaftsfördernde Kraft; sonst stützen sie nur noch eine leere Disziplin und dienen (…) der Sicherung von Machtverhältnissen.“
9 x Österreich: Wien – Erkundungen zum Stephansdom
Das Christentum, das auf den als Messias/Christus verehrten Juden Jesus zurückgeht, ist ohne das Judentum nicht denkbar. Und doch haben antike Schriften, oft verfasst von Menschen jüdischer Herkunft, die sich dem Christentum zugekehrt haben, Antijudaismus evoziert. Davon kann auch „der Steffl“ berichten. Da und dort finden sich in und an der katholischen Domkirche St. Stephan, deren Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht, auch jüdische und muslimische Symbole und Anknüpfungspunkte. Oft sind es tatsächlich anti-jüdische und anti-muslimische Elemente. Die Geschichte des Domes hat aber auch andere jüdische oder islamische Facetten. In ihm haben mittlerweile Zeichen der Versöhnung und der religionsüberschreitenden Empathie Platz. Wie sehen Jüdinnen und Juden sowie Musliminnen und Muslime den Stephansdom? Ist er für sie ein Symbol der interreligiösen Verständigung oder der Abgrenzung und unüberwindbaren Trennung? Kerstin Tretina hat nachgefragt, unter anderem bei Danielle Spera, die seit 2010 Direktorin des Jüdischen Museums Wien war und sich mit Ende Juni neuen Aufgaben zuwendet.
Bibel auf der Bühne – Die Passionsspiele in St. Margarethen
Auch sie haben zu Antijudaismus und in der Folge zu Antisemitismus geführt: Passionsspiele auf der Basis der Evangelien-Bücher im Neuen Testament, die seit dem Mittelalter von Leiden und Tod des Jesus aus Nazareth erzählen. Wurden doch „die Juden“ für seinen Tod verantwortlich gemacht, obwohl Jesus von Vertretern der römischen Besatzungsmacht gekreuzigt wurde. Dabei ließe sich der Inhalt der Passion Jesu durchaus so zusammenfassen: Die Geschichte zeigt einen innerjüdischen Konflikt, Fürsprecher und Widersacher finden sich in allen Gruppen, im Hohen Rat, im einfachen Volk, im Kreis der Getreuen. Und Jesus kämpft für seinen jüdischen Glauben. Seit fast einhundert Jahren wird diese Geschichte auch im Steinbruch des burgenländischen St. Margarethen von rund 500 ehrenamtlichen Laiendarsteller:innen und Helfern plastisch dargestellt. Der Inhalt, so die Verantwortlichen, sei immer aktuell, gehe es doch um Politik und Verrat, um Hoffnung und Gemeinschaft – und um die Liebe. Heuer mit einem neuen Text, der die Passion Jesu aus der Perspektive der sogenannten Emmaus-Jünger erzählt. Also jener beiden aus der Gefolgschaft ihres Meisters Jesus, die nach seiner Kreuzigung von Jerusalem nach Emmaus unterwegs waren, und die Erfahrung der Begegnung mit dem Auferstandenen gemacht haben. Maria Harmer hat eine Vorstellung besucht und danach backstage mit einigen Darsteller:innen gesprochen.
9 x Österreich: Wien – St. Peter in Dornbach, ein Stück Salzburg in der Bundeshauptstadt
Auf Petrus aus der Gefolgschaft des Jesus aus Nazareth geht die Salzburger Erzabtei Stift St. Peter zurück, das älteste Kloster im deutschen Sprachraum, gegründet im 7. Jahrhundert. Eine „Exklave“ davon findet sich – am Stadtrand von Wien: St. Peter in Dornbach, der wahrscheinlich älteste land- und forstwirtschaftliche Betrieb der Bundeshauptstadt, liegt nur einen kurzen Fußweg von der Endstation der Straßenbahnlinie 2 entfernt in Wien-Dornbach, im 17. Bezirk. Seit über 800 Jahren wächst hier Wein und seit mittlerweile zwei Jahren ist Filip Bartenbach hier Gutsverwalter. Der gebürtige Vorarlberger kümmert sich sowohl um die acht Hektar Weingärten als auch um die Pachtgründe, die Wohnungen und die hauseigene Buschenschank. Vor allem bei der Arbeit im Gemüsegarten oder im Wienerwald findet er Ruhe und tankt Kraft. Den Titel des Gutsverwalters trägt der 29-jährige mit Ehrfurcht und Stolz. Lena Göbl hat ihn besucht und weiß von einer Lebenskunst inmitten von Weinbergen zu berichten. Ein Beitrag kurz vor „Peter und Paul“, jenem Festtag der Westkirche am 29. Juni, der den Aposteln Petrus und Paulus gewidmet ist.
Redaktion & Moderation: Doris Appel
