Kirche würdigt Künstlerpriester Otto Mauer
Der vor 40 Jahren verstorbene legendäre Künstlerpriester und Mäzen Msgr. Otto Mauer stand im Mittelpunkt einer hochkarätig besetzten Gedenkveranstaltung am Dienstagabend in Graz: Das Kulturzentrum bei den Minoriten hatte den mit Mauer verbundenen Grazer Bischof Egon Kapellari ebenso eingebunden wie als Festredner den deutschen Jesuiten und Kunstkenner P. Friedhelm Mennekes sowie als Podiumsdiskutanten Fachleute wie den Priester und Kunsthistoriker Günter Rombold, dem für den Otto-Mauer-Preis für junge Kunstschaffende verantwortlichen P. Gustav Schörghofer SJ und die Direktorin des Dommuseums Wien, Johanna Schwanberg.
In Otto Mauers Galerie nächst St. Stephan trafen sich junge Künstler am Beginn ihrer Karriere, die später zu internationalem Ruhm gelangten: u.a. Herbert Boeckl, Arnulf Rainer, Josef Mikl, Wolfgang Hollegha, Markus Prachensky und Friedensreich Hundertwasser. Der selbst als Sammler und Förderer tätige Mauer "war nicht nur ein herausragender und oft auch einsamer Vermittler zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst, sondern als profilierter Theologe und Seelsorger ein für das kirchliche Leben in Österreich und darüber hinaus durch Jahrzehnte wichtiger, auch streitbarer Impulsgeber, ein bedeutender Publizist und ein unverwechselbarer Prediger", sagte Bischof Kapellari in seinem Grußwort bei der Gedenkveranstaltung.
Er sei mit diesem "außergewöhnlichen Priester" seit Beginn seiner Tätigkeit als Grazer Hochschulseelsorger 1964 bis zu Mauers Tod am 3. Oktober 1973 gut bekannt und auch freundschaftlich verbunden gewesen, erzählte Kapellari. Er erinnerte an das Prophetische in Mauers Naturell - "ein Mann mit oft schneidender Stimme und scharfen Kanten in seinen Reden vor großen Auditorien, aber auch in der Begegnung mit Menschen im kleinen Kreis. Ein Mann, der auch verletzt hat und verletzt wurde." Zugleich hätte Mauer die Fähigkeit zur Empathie besessen und viel Einsatz für Bedrängte - vor allem auch Kunstschaffende - gezeigt.
Seinen Nachlass habe Mauer testamentarisch Karl Strobl, seinem langjährigen Weggefährten als Wiener Hochschulseelsorger und späteren Domherrn, übereignet. Dieser überließ die Kunstsammlung Mauers der Erzdiözese Wien - unter der Bedingung, alljährlich einen großzügig dotierten Otto-Mauer-Preis an junge Kunstschaffende zu verleihen. Die Liste der bisherigen Preisträger zeigt laut Kapellari, "dass diese Initiative Strobls sehr hellsichtig war". Otto Mauers Nachlass sei somit "kein toter Schatz", sein 42-jähriges priesterliches Wirken habe "reiche Ernte erbracht" und tue dies noch immer.
"Kunst offenbart Wahrheit"
Kunst war für Otto Mauer "Offenbarung der Wahrheit" und nicht Ausdruck des Schönen, das sich zur "Behübschung" eignet: Darauf wies der früherer Linzer Ordinarius für Kunstwissenschaft und Ästhetik und Weggefährte Mauers, Günter Rombold, im Podiumsgespräch im Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten hin. Kunst vermittle Erkenntnis jenseits der bloß wissenschaftlichen Ebene und sei "alles", so Rombold. Sie reiche vom Erhabenen bis zum Banalen, vom Schönen bis zum Hässlichen, vom Erotischen bis zum Obszönen, vom Religiösen bis zum Blasphemischen. Kunst habe mit der "conditio humana" zu tun und sei alles andere als harmlos und "gerade deshalb unverzichtbar".
P. Gustav Schörghofer erläuterte den Gästen der Mauer-Gedenkveranstaltung den Modus, nach dem alljährlich der nach Otto Mauer benannte Preis für junge österreichische Kunstschaffende vergeben wird. Dahinter steht der Otto-Mauer-Fonds, der mit seinem Jahresbudget von rund 100.000 Euro aber auch viele Kunst und Wissenschaftsprojekte unterstützt.
Johanna Schwanberg ist als neue Chefin des Wiener Dommuseums für die von Otto Mauer hinterlassene Sammlung von 3.000 Werken der österreichischen Avantgarde verantwortlich. Sie möchte diese Werke, die derzeit für Verleihkooperationen adaptiert werden, bekannter machen und auch in Teilen im ab 2015 neuen Museum präsentieren. Die Brückenschläge Mauers zur Kunst seiner Zeit will Schwanberg insofern fortsetzen, als sie "Künstler meiner Generation in der Galerie zeigen" werde; schon jetzt geschehe das mit Hubert Lobniks Installation "Baustelle" im noch unfertigen Haus. Dass sie als Nichttheologin, Frau und Dissertantin über den Aktionisten Günter Brus mit der Aufgabe im Dommuseum betraut worden sei, habe sie ebenso überrascht wie die Offenheit der Verantwortlichen, sagte sie.
Sich bei Kunst "auch Verunsicherung gönnen"
Der seit 1999 in Graz-St. Andrä tätige Pfarrer Hermann Glettler sieht die in seiner Gemeinde übliche Hereinnahme von zeitgenössischer Kultur in den Kirchenraum und die Liturgie als "Buchstabieren des Glaubens für Zeitgenossen". Beim priesterlichen Grundauftrag, den Menschen das Evangelium zu bringen, solle man sich "auch Verunsicherung gönnen". Risiko dürfe nicht gescheut werden, solle Jesu Botschaft bei den Menschen von heute "ankommen", so Glettler.
Den auch von Otto Mauer geförderten Künstler Arnulf Rainer zitierte der Grazer Hochschulseelsorger Alois Kölbl mit der Aussage, Kunst und Kirche seien "zwei Schwestern, die sich nur mehr aus der Ferne grüßen". Das stimme so heute nicht mehr, wies Kölbl auf etliche Berührungspunkte - zuletzt etwa bei der Biennale in Venedig - hin.
Quelle: Kathpress