Gottesdienste im Zeichen der Solidarität
Im Zeichen der Solidarität mit Flüchtlingen und Migranten stand am Sonntag in Linz der kirchliche "Sonntag der Völker". Bischof Manfred Scheuer feierte mit mehr als tausend Gläubigen im Linzer Mariendom einen Festgottesdienst. Im Anschluss an den Gottesdienst fand auf dem Linzer Domplatz ein "Begegnungsfest" statt. Mit dem "Sonntag der Völker" macht die Kirche auf die Vielfalt der Nationen in der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft aufmerksam. Das Motto des diesjährigen "Sonntags der Völker" lautete "Trennendes überbrücken" und schloss an die Papstbotschaft zum Weltflüchtlingstag 2019 an. Papst Franziskus thematisiert darin die Situation von Flüchtlingen und Migranten und ortet eine "Globalisierung der Gleichgültigkeit" ihnen gegenüber.
Bischof Manfred Scheuer betonte in seiner Predigt, die Überbrückung von Trennendem trage nicht unbedingt zur Vereinfachung des Lebens bei, sofern damit keine Vereinheitlichung gemeint sei. Scheuer wörtlich:
Trennendes zu überbrücken heißt, unterschiedliche Personen und Personengruppen, mehrere Meinungen unter einen Hut zu bringen. Das erfordert einen langen Atem, ein gutes Aufeinander-Hören, eine Achtsamkeit auf die verschiedenen Stimmen, die lauten und die leisen Töne.
Trennendes zu überbrücken, ergebe nicht automatisch eine gute Mischung, sondern "das mischt erst einmal gehörig auf", zeigte sich der Bischof realistisch. Trennendes zu überbrücken sei nicht der einfachere, sondern meist der herausforderndere, aber auch der spannendere und lehrreichere Weg. Gott gehe es nicht um eine "Entschlackung des Lebens, das letztlich der Bequemlichkeit Vorschub leistet, sondern um eine Verdichtung des Lebens durch bewussten Verzicht - wenn das Eigene konfrontiert wird mit den konkreten Ansprüchen, Bedürfnissen und Sichtweisen anderer", betonte der Bischof.
Scheuer verwies auch auf die Papstbotschaft zum Weltflüchtlingstag. Es geht darin nicht nur um Migranten, sondern auch darum, sich den eigenen Ängsten vor dem Fremden zu stellen, die Nächstenliebe und die Menschlichkeit so zu konkretisieren, dass sie niemanden ausschließt und den Letzten an die erste Stelle setzt, so der Bischof. Er erinnerte in diesem Zusammenhang auch an den bevorstehenden Beginn der Amazonien-Synode am 6. Oktober in Rom. Es werde bei der Synode um klare Botschaften hinsichtlich einer ökologischen Umkehr der Welt, aber auch hinsichtlich einer der Situation im Amazonasgebiet gerechten Rolle und gerechten Verständnis von Glaube und Kirche gehen. Scheuer bezeichnete die Synode als wichtigen Beitrag, Brücken zu den Völkern Amazoniens zu errichten.
Dem Gottesdienst im Dom standen neben Bischof Scheuer auch Laszlo Vencser, Nationaldirektor der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich, sowie Seelsorger mehrerer fremdsprachiger Gemeinden vor. Ein besonderer Gast war Jaime Jose Villarroel Rodriguez, Bischof der Diözese Carupano in Venezuela.
Sprachlich-musikalische Vielfalt
Die Vielfalt der verschiedenen muttersprachlichen Gruppen wurde nicht nur durch die bunten Landestrachten sichtbar, sondern auch bei den Texten und Liedern im Festgottesdienst hörbar: Die Texte zum Bußakt wurden in verschiedenen Landessprachen gelesen, ebenso die Fürbitten. Das Gloria wurde auf Kroatisch gesungen. Die Lesungen wurden auf Englisch und Polnisch gelesen, das Evangelium auf Deutsch und Kroatisch. Musikalisch mitgestaltet wurde die Feier vom Chor der afrikanischen Gemeinde. Bei der Gabenbereitung kamen Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Volksgruppen nach vorn und überreichten Bischof Scheuer landestypische Geschenke.
Beim anschließenden "Begegnungsfest" gab es u.a. musikalisch-tänzerische Beiträge der polnischen, ungarischen, kroatischen, philippinisch-katholischen und lateinamerikanischen spanischsprachigen Gemeinden. Ein Highlight war der Gospelchor der afrikanischen Gemeinde. Kulinarisch verwöhnt wurden die Besucher u.a. mit Spezialitäten der türkischen, ukrainisch-griechisch-katholischen, rumänisch-griechisch-katholischen, philippinisch-katholischen, vietnamesischen, polnischen, ungarischen, tschechischen, slowakischen, kroatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen spanischsprachigen Gemeinden.
Re-Dimensionierung von Konsum und Mobilität
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler feierte den "Sonntag der Völker" beim Erntedankfest der Landjugend in Imst. Er wies in seiner Predigt auf "himmelschreiende Gegensätze" hin:
Wohlstandsverwöhnte, die nicht mehr wissen, was sie konsumieren sollen und wie und wo noch ein stärkerer Kick zu holen ist, und gleichzeitig Menschenmassen - eine Milliarde weltweit -, die an Unterernährung oder zumindest Mangelernährung leiden.
Es brauche statt dem Diktat der Gier eine neue Dankbarkeit und das ernsthafte Bemühen um eine Re-Dimensionierung von Konsum und Mobilität, so Glettler: "Die neue Lebensqualität liegt im Weniger, im Bewussten und Einfachen!" Der tägliche Kampf angesichts der Klimakatastrophe, die jetzt schon enorme Folgen zeigt, lasse sich benennen:
An erster Stelle ist es der Kampf gegen den inneren Schweinehund und die vielen Ausreden; dann der Kampf gegen die Verdrehung von Tatsachen.
Mit Sicherheit brauche es keinen aggressiven, fanatischen Glauben, aber auch kein bloßes "Wohlfühlprogramm und Dekor für einen sorglosen bürgerlichen Lebensstil". Glaube im Sinne Jesu könne vielmehr motivieren und Kultur verändern. Glettler:
Glaube kommt aus dem Herzen und formt das Herz. Glaube verabschiedet sich nicht von der konkreten Gesellschaft und Welt, sondern macht hellsichtig und weitsichtig. Glaube, der Zukunft haben wird, ist herzhaft, reflektiert und weltoffen! Er beginnt mit dem Hören auf Gottes Wort und führt zur Bereitschaft für einen leidenschaftlichen Einsatz.
Quelle: kathpress