Kirche wird stets politisch sein
"Die Kirche wird stets politisch sein, weil das Evangelium politisch ist." Das hat der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka in einem Interview der "Kleinen Zeitung" am Reformationstag, dem 31. Oktober, klargestellt. Gott selbst sei parteilich für die Armen und Menschen am Rand der Gesellschaft, und in diesem Sinne habe auch Jesus gewirkt. Was die Kirche nach Chalupkas Überzeugung freilich nicht darf: "sich parteipolitisch engagieren", wie "schlimme Erfahrungen" in der Ersten Republik zeigten. "Kardinal Franz König (1905-2004) verdanken wir viel, um nicht mehr dorthin zu kommen", erinnerte der Bischof an dessen Verständnis, wonach Parteien ihre Nähe zur Kirche selbst bestimmen.
Etwaige Koalitionsvarianten würden seitens der evangelischen Kirche nicht kommentiert, "wir ergreifen aber das Wort, wenn die Würde des Menschen gefährdet ist", hielt Chalupka fest. "Geht es um gesellschaftlichen Zusammenhalt, erinnern wir Parteien daran, was sie versprochen haben. Jeder Christ ist aufgerufen, sich selbst ein Bild zu machen, wohin es geht." Am Bemühen der evangelischen Kirche "auf allen Ebenen, damit der Karfreitag wieder zum Feiertag wird", will der Bischof festhalten.
Hinsichtlich der jüngst beendeten Amazonien-Synode im Vatikan und dem dortigen Votum für eine Priesterweihe verheirateter Männer in Ausnahmefällen werde er sich "hüten, hier eine Bewertung vorzunehmen", so Chalupka auf eine weitere Frage. "Was mich freut, ist, dass ein klarer Akzent auf die Bewahrung der Schöpfung gelegt wurde." In der Geschichte sei darunter nicht selten auch Beherrschung verstanden worden.
Ökumene "vorbildlich", aber ausbaufähig
Die Ökumene bezeichnete der lutherische Bischof als "vorbildlich". Er würde sich - wie er sagte - "aber freuen, wenn wir bei der gemeinsamen Eucharistie auch im Sinne der Gastfreundschaft weiterkämen. Das ist ein schmerzlicher Punkt." Die evangelische und die katholische Kirche hätten unterschiedliche theologische Auffassungen, "sollten aber am Tisch des Herren Brot und Wein teilen können", formulierte Chalupka einen "Wunsch" seiner Kirche.
Nach dem Eindruck des Bischofs ist die heutige Gesellschaft oft egozentrisch ausgerichtet. "Deshalb ist Gemeinschaft in der Kirche so wichtig." Chalupka spreche niemandem ab, "dass er auch für sich alleine spirituell sein und an Gott glauben kann". Aber in den Pfarrgemeinden träfen sich völlig unterschiedliche Menschen; es gebe wenige Gemeinschaften, die derart inklusiv sind.
Auf die Frage nach einem Leitbild für seine Amtszeit nannte Chalupka den Römerbrief, wo es in Kapitel 1, Vers 16 heißt: "Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben." Chalupkas Erläuterung dazu:
Wir können auch in einer säkularen Welt, in der es oft belächelt wird, religiös zu sein, stolz sein. Das Evangelium ist eine Kraft. Es geht um die Gerechtigkeit, die Gott schenkt - und die reformatorische Kraft.
Quelle: kathpress