Bischof Glettler: In soliden sozialen Zusammenhalt investieren
Zu mehr Behutsamkeit, Zuversicht und einer aufmerksamen Suche nach neuen Wegen des gesellschaftlichen Zusammenlebens hat der Tiroler Bischof Hermann Glettler zum Jahreswechsel aufgerufen. Phänomene wie die Krise der Demokratie, aber auch Burn-Out als "typische Ermüdungserkrankung unserer Zeit" fußten im "unheilvollen Tempo", in dem sich das Leben der Menschen abspiele, sagte Glettler in seiner Silvesterpredigt im Innsbrucker Dom:
Auch die Öko-Krise ist Folge einer Lebensweise, die unersättlich geworden ist: Immer schneller und immer mehr!
Ein Ausstieg aus der verbreiteten "Haltung der Getriebenen und Empörten" sei nötig, so der Innsbrucker Bischof. Die Weihnachtsbotschaft von der Menschwerdung Gottes biete hier Hilfe beim Perspektivenwechsel. In Gestalt Jesu schenke Gott "Leben in einer neuen Qualität und Intensität - befreit vom Wahn der Machbarkeit und eingebildeten Perfektion", sagte Glettler. "Es geht zuerst und zuletzt um Begegnung und Beziehung." Aus dieser "anderen Fülle" gelte es zu leben: "Dann können wir Aufmerksamkeit und Kreativität in den Aufbau einer soliden sozialen Zusammengehörigkeit investieren. Darin liegt ein Schlüssel für die Zukunft", betonte der Bischof.
Sich Zeit zu nehmen gelte auch als Voraussetzung für gute Politik, sagte Glettler, der u.a. auf die vor dem Abschluss stehenden Koalitionsverhandlungen anspielte. "Tragen wir diesen Prozess bis zu seinem Abschluss in unserem Gebet mit. Es geht um Entscheidungen, die das Gemeinwohl unseres Landes betreffen", so der Tiroler Bischof. Es gehe nicht um das Wohlergehen von Parteien, "sondern um den Aufbau einer Gesellschaft, die niemanden auf die Verliererstraße drängt".
Die Schöpfung Gottes sei "Geschenk und nicht Beutegut"; in Sachen Ökologie-Krise sei es daher "höchste Zeit, vom Reden ins Tun zu kommen, von den Absichtserklärungen zu konkretem politischen Handeln, hob Glettler zudem hervor. Ausdrücklich dankte der Bischof der "Fridays for Future"-Bewegung, die bei diesem Thema "globales Bewusstsein geschaffen" habe. "Mit Recht drängen uns die jungen Leute zu einer nachhaltigen Veränderung unserer Lebensweise. Die individuelle Verantwortung, der sich niemand von uns entziehen darf, muss durch wirtschaftliche und politische Entscheidungen auf allen Ebenen entsprochen werden. Wir dürfen den zukünftigen Generationen nicht durch unsere Produktions- und Konsumgier den Lebenshahn abdrehen", so der Bischof.
"Mit Mut vorangehen"
Für die Kirche sei der einzige zukunftsweisende Weg "jener des behutsamen und oft mühsamen Dialogs", betonte Glettler. Wie in allen Veränderungsprozesse dürfe man "nicht hetzen, aber auch nicht stehenbleiben", sagte der Bischof. Papst Franziskus werde nicht müde, die Gläubigen aller Religionen zu einem aktiven Engagement für die Welt aufzufordern, erinnerte Glettler:
Mit Mut vorangehen - dazu hat uns der Papst mehrfach im vergangen Jahr ermutigt.
Quelle: kathpress