KZ-Gedenkstätte Gusen: Initiativen drängen auf rasches Handeln
Gedenkinitiativen haben erfreut auf die Ankündigung der Bundesregierung reagiert, die östlich von Linz gelegene KZ-Gedenkstätte Gusen (Bezirk Perg) anzukaufen und weiterzuentwickeln. Das durch das Regierungsprogramm und das Holocaust-Gedenken eröffnete Zeitfenster gelte es zu nutzen, heißt es in einem Bericht der Linzer Kirchenzeitung (aktuelle Ausgabe), in dem zugleich zu "raschem Handeln gedrängt" wird. Laut Innenministerium stehen schon ab Ende Februar Entscheidungen an.
Gusen wird oft als "Nebenlager" des KZ Mauthausen bezeichnet, was dem Ausmaß des hier geschehenen Grauens jedoch nicht gerecht wird: Zeitweise lebten hier doppelt so viele KZ-Häftlinge wie im drei Kilometer entfernten "Hauptlager", mindestens 35.800 Menschen aus 27 Nationen starben auch hier durch das Prinzip "Vernichtung durch Arbeit". Unter den hier Ermordeten waren auch mehrere Priester, darunter der am 7. April 1944 zu Tode gefolterte Oberösterreicher Johann Gruber, der als "Papa Gruber" Widerstand leistete und seinen Leidensgenossen Hilfe bot.
Christoph Freudenthaler, Vereinsobmann der "Plattform Johann Gruber", sowie Julia Mayr vom "Papa Gruber Kreis" der Pfarrgemeinde St. Georgen an der Gusen, begrüßten in der Linzer Kirchenzeitung das Regierungsvorhaben ausdrücklich. Es gebe die Chance, "in Gusen nicht nur an die Verbrechen zu erinnern, sondern auch daran, wie sich das Verhalten von Johann Gruber auf andere Menschen ausgewirkt hat", erklärte Mayr. Erinnerung gelte es nicht als Bürde, sondern als Chance zu sehen.
Grundstücke müssen erst gekauft werden
In Gusen gibt es heute eine Gedenkstätte mit Besucherzentrum. Dennoch sind wichtige Teile des einstigen Lagers wie der Appellplatz, das sogenannte Jourhaus, der "Steinbrecher" oder der Steinbruch nicht zugänglich bzw. nicht als Gedenkort gestaltet, da die meisten Grundstücke des einst aus drei Lagern bestehenden Komplexes in Privatbesitz sind. 2018/19 seien von einigen Eigentümern Verkaufsabsichten geäußert worden, heißt es in dem Zeitungsbericht, zudem machte zuletzt die Republik Polen Druck mit dem Vorstoß, die Immobilien selbst zu kaufen, sollte Österreich untätig bleiben.
Die nunmehrige Regierungsvereinbarung zwischen ÖVP und Grünen gebe Hoffnung für eine Erweiterung der Gedenkstätte Gusen, erklärte Freudenthaler. Der Obmann verwies dabei auf eine bislang unveröffentlichte Machbarkeitsstudie des Innenministeriums zu diesem Vorhaben. Dass das Thema durch die Regierungsverhandlungen an Gewicht gewonnen habe, sei nicht nur auf den Druck Polens zurückzuführen, sondern auch auf Gedenk- und Aufklärungsarbeit hinter den Kulissen, u.a. durch das Gedenkdienstkomitee Gusen oder die "Bewusstseinsregion Mauthausen - Gusen - St. Georgen".
Ein kürzlich veranstalteter Informationsabend habe gezeigt, dass manche direkte Anrainer eine Erweiterung der Gedenkstätte als belastend empfinden würden, ist dem Zeitungsbericht zu entnehmen. Die verkaufswilligen Grundstückseigentümer würden indes auf ein Agieren der Republik warten, erklärte Freudenthaler; das Innenministerium habe erklärt, man ergänze die Machbarkeitsstudie bis Ende Februar um ein Sachverständigengutachten, um den Verkehrswert der infrage kommenden Liegenschaften festzustellen. Auf dieser Basis werde man dann unter Einbeziehung aller Beteiligten über das weitere Vorgehen entscheiden.
Mehrere Gedenkinitiativen bemühen sich indes um die Erforschung der Geschichte des Lagers, darunter auch die kirchlichen Gruber-Vereine. Zum 75. Todestag des Priesters, der als Direktor der Linzer Blindenanstalt eine eigene Reformpädagogik entwickelte, infolge seiner Kritik am NS-Regime inhaftiert wurde und in der Krankenbaracke des KZ Gusen eine Lagerschule und ein regelrechtes Hilfswerk für notleidende Mithäftlinge aufbaute, gab es im Vorjahr ein Symposium sowie das Kunst- und Forschungsprojekt "Anstoß Gruber", an dem auch die Pädagogische Hochschule der Diözese Linz und das diözesane Kunstreferat beteiligt waren.
Am Montag war ein Überlebender des KZ Gusen, Stanislaw Zalewski, einer der Redner bei den Feiern zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau. (Infos: www.dioezese-linz.at/papagruber)
Quelle: kathpress