Antisemitismus-Antrag im Parlament "überdenken"
Es sei zu begrüßen, dass der Nationalrat jede Form des Antisemitismus klar verurteilt, aber ein dazu vorliegender konkreter Entschließungsantrag vermische Antisemitismus zu sehr mit Kritik an der israelischen Regierungspolitik und sollte überarbeitet werden. Diesen Appell hat die katholische Friedensbewegung "Pax Christi Österreich" an die Parlamentsparteien bzw. deren außenpolitische Sprecher - die den Antrag gemeinsam einbrachten - gerichtet. Der Text sollte "eindeutig auf die realen Gefahren des Antisemitismus" fokussiert werden und "nicht als einseitige Parteinahme für die derzeitige israelische Regierungspolitik sowie gegen die Rechte des palästinensischen Volkes interpretiert werden" können.
Der Entschließungsantrag "betreffend Verurteilung von Antisemitismus und BDS-Bewegung" war im vergangenen Dezember Nationalrat eingebracht worden und soll in absehbarer Zeit auch im Plenum beraten und beschlossen werden. "Mit Recht wird dort auf die jahrhundertelange verhängnisvolle Geschichte sowie die besorgniserregende aktuelle Zunahme des Antisemitismus hingewiesen", der die Bundesregierung konsequent entgegenzutreten habe, anerkennt die Österreich-Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung "Pax Christi International". Positiv wird auch gewürdigt, dass laut dem Antragstext "sachliche Kritik an einzelnen Maßnahmen der Regierung Israels zulässig sein" müsse.
"Undifferenziert Antisemitismus unterstellt"
Kritik übt Pax Christi allerdings an der dem widersprechenden pauschalen Verurteilung der "BDS-Bewegung". Diese internationale Kampagne zielt darauf ab, den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch zu isolieren (BDS steht für "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen"), um die Rechte seiner arabisch-palästinensischen Bürger durchzusetzen. Der Kritik der BDS-Bewegung - die man nicht in allen Punkten teile - werde im Entschließungsantrag "undifferenziert Antisemitismus unterstellt", merkte Pax Christi an. Als Beispiel nannte die Friedensbewegung die Kritik an der israelischen Siedlungs- und Besatzungspolitik, die nicht einfach als "israelbezogener Antisemitismus" unterdrückt werden dürfe.
Eine solche "Brandmarkung" der gesamten BDS-Bewegung sei abzulehnen, zumal sie unter der Schirmherrschaft des südafrikanischen Erzbischofs, Anti-Apartheid-Kämpfers und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu stehe und ihr weltweit auch zahlreiche christliche Kirchen und Organisationen angehörten. Diese Proponenten würden die empfohlenen Boykottmaßnahmen und Sanktionen "in der Tradition Mahatma Gandhis als Mittel im gewaltfreien Eintreten für Menschenrechte und gegen Unterdrückung verstehen", teilte Pax Christi mit.
Israel - ein "jüdischer Staat"?
Unverständlich sei weiter, dass im Antrag Israel mehrmals - im Sinne des im Vorjahr von der Knesseth beschlossenen Nationalstaatsgesetzes - als "jüdischer Staat" bezeichnet werde. Die Rechte der nicht-jüdischen - vor allem palästinensischen - Bewohner würden dabei nicht einmal erwähnt. Pax Christi vermisse auch ein klares Bekenntnis zur Zweistaatenlösung auf Grundlage der entsprechenden UN-Resolutionen.
All diese Punkte seien vor einer Beschlussfassung im Nationalrat "zu überdenken", appellierte Pax Christi. Dies würde auch dem Umstand gerecht werden, dass sich Österreich im vergangenen Jahrhundert als Vermittler im Nahostkonflikt verdient gemacht habe.
Quelle: kathpress