Predigt zur Bischofsweihe
"Dein Ort als Bischof ist an der Seite der Armen"
Predigt zur Bischofsweihe
"Dein Ort als Bischof ist an der Seite der Armen"
Einen Appell gegen die kirchliche Resignation und für einen Neuaufbruch im Sinne einer "Hinwendung zu den Menschen, besonders zu den Armen und Benachteiligten" hat Bischof Benno Elbs bei der Bischofsweihe von Josef Marketz am Sonntag in Klagenfurt formuliert. Der neue Kärntner Bischof möge durch seinen persönlichen, authentisch gelebten Glauben, durch eine Konsequente "Hinwendung zu den Armen" und die Schaffung von "liebevollen und gastfreundlichen Anders-Orten" in der Kirche ein Zeichen gegen den "Schatten des Pessimismus" setzen, der auf der Kirche laste. "Wir müssen darauf achten, dass wir nicht der Häresie der Angst und des Pessimismus verfallen", so Elbs in seiner Predigt beim Weihegottesdienst. "Dein Ort als Bischof ist an der Seite der Armen, Einsamen und Vergessenen."
In Anlehnung an den heutigen kirchlichen Festtag "Darstellung des Herrn" (2. Februar) erinnerte Elbs zudem daran, dass die erste Aufgabe des Bischofs nicht allein in seiner Leitungsfunktion und seiner Kompetenz, "Konzepte zu entwerfen, Visionen für die Zukunft zu entwickeln" besteht, sondern darin, "für Christus zu stehen, auf ihn zu verweisen, so dass die Fülle seiner Liebe in und durch unser Leben für die Menschen spürbar, greifbar, erfahrbar werden kann".
Zum Dossier: Bischofsweihe von Josef Marketz
Konkret bedeute dies die Aufgabe, Kirche als "Anders-Ort" zu etablieren, die sich durch besondere Nähe zu den Bedürftigen auszeichnen, führte der Feldkircher Bischof weiter aus. "Durch eine solche Seelsorge der Nähe und der Präsenz, wie sie auch bei der Amazonien-Synode zur Sprache kam, schenken wir den Menschen Würde und Ansehen." Solche "Anders-Orte" entstünden immer dann, "wenn Demut und nicht Herrschsucht, Bescheidenheit und nicht Eitelkeit, Freiheit und nicht Unterwerfung, Ehrlichkeit und nicht Scheinheiligkeit groß geschrieben werden."
Wortlaut der Predigt von Bischof Elbs |
Liebe Schwestern und Brüder! Liebe Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Nuntius! Lieber Herr Kardinal, lieber Herr Erzbischof, liebe Mitbrüder! Lieber Bischof Josef mit deiner Familie, deinen Verwandten und Freunden! Als Du mich angerufen und gefragt hast, ob ich am heutigen Festtag die Predigt halten würde, bin ich zuerst etwas erschrocken. Im zweiten Moment habe ich mich aber sehr darüber gefreut. Du hast mir später von einem Mitarbeiter erzählt, der meinte, dass der heutige Festtag "Darstellung des Herrn" ein wunderbarer Termin für eine Bischofsweihe sei. Denn genau das sei die Aufgabe eines Bischofs: den Herrn darstellen. Dieser Gedanke hat mich sehr angesprochen. Ich erinnere mich gut an ein Gespräch mit dem Theologen Gisbert Greshake, der unterschieden hat zwischen einem "herstellenden" und einem "darstellenden Handeln". Von Menschen in Leitungsfunktionen wird oft verlangt, Konzepte zu entwerfen, Visionen für die Zukunft zu entwickeln, Initiativen zu starten usw. Das ist herstellendes Handeln. Wir alle sind dankbar, dass es heute in Kirche und Welt viele Menschen gibt, die auf diesem Weg mit Mut und Ideen vorangehen. Auf der anderen Seite gibt es auch noch eine andere Realität, nämlich die des darstellenden Handelns. Dabei geht es weniger um Leistung, nicht um das "Machen", auch nicht um Effizienz. Darstellendes Handeln im Auftrag Gottes meint: für Christus zu stehen, auf ihn zu verweisen, sodass die Fülle seiner Liebe in und durch unser Leben für die Menschen spürbar, greifbar, erfahrbar werden kann. Darstellung des Herrn - darstellendes Handeln - darstellende Seelsorge. Wie kann das aussehen im Leben von uns Christinnen und Christen, im Leben eines Bischofs? Darstellung des Herrn durch die Freundschaft mit Jesus Christus Entscheidend für uns ist es, auf Christus zu schauen, wo auch immer wir beruflich oder familiär hingestellt sind: auf sein Wort zu hören und mit ihm zu leben (im Geheimnis Gottes zu Hause sein). Der Sonntag des Wortes Gottes, den wir letzte Woche zum ersten Mal gefeiert haben, hat auch das zum Ziel: Christus in den Mittelpunkt zu stellen. Wir brauchen an allen Orten der Gesellschaft, in unseren Schulen, Betrieben und Organisationen, Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung - Menschen, die aus ihrer Beziehung zu Gott leben. Wir brauchen Menschen, die durch ihr Leben bezeugen, dass das große Ja Gottes zur Welt, zum Menschen, zu mir persönlich, nie zurückgenommen wird. Wir alle spüren: Auf der Kirche Europas lastet seit langem ein Schatten des Pessimismus. Die personelle Situation, die Zahl der Berufungen, der ständige Anstieg der Austritte, die religiöse Gleichgültigkeit - hier merken wir, dass all unser Tun, all unsere Anstrengung scheinbar keine Kehrtwende schaffen kann. Und trotzdem müssen wir darauf achten, dass wir nicht der Häresie der Angst und des Pessimismus verfallen. Darstellendes Handeln heißt auch, in diesem Vertrauen zu Gott zu leben: in dem Wissen, dass er der treue Begleiter, der Herr der Geschichte und meines Lebens ist. Dieses Vertrauen ist unser Kapital. Wenn wir Christus ansehen, wächst dieses Vertrauen. Darstellung des Herrn durch die Hinwendung zu den Armen Hirten zeichnen sich aus durch den "Geist der Liebe und der Sorge für alle", heißt es im 2. Vatikanischen Konzil. Darstellendes Handeln ist deshalb auch wesentlich verbunden mit der Hinwendung zu den Menschen, besonders zu den Armen und Benachteiligten. Der Einsatz für die Armen ist zu allen Zeiten die glaubwürdigste Form der Glaubensverkündigung. Armut ist materiell, Armut ist aber auch seelisch. Die Zuwendung zum einzelnen Menschen, das Eintreten für jene, die keine Stimme haben, ist eine Hauptaufgabe für uns Christinnen und Christen und auch für Dich als Bischof. Als langjähriger Direktor der Caritas kennst du die Sorgen und Nöte der Menschen ganz genau. "Dein Ort ist / wo Augen dich ansehen / Wo sich die Augen treffen / Entstehst du", heißt es bei Hilde Domin. Dein Ort als Bischof ist an der Seite der Armen, Einsamen und Vergessenen. Für viele Menschen ist das Ich zu einem Gefängnis geworden, zu einem Gefängnis der Einsamkeit. Die Zukunft hingegen liegt im Wir. Für die Caritas ist das zum Leitsatz geworden: Das Wir ist größer als das Ich. Das ist ein Programm für die Wirtschaft, für die Politik, für die Kirche. Auch beim Propheten Jesaja hat es geheißen: "Der Geist Gotts, des Herrn, ruht auf mir. Denn der Herr hat mich gesalbt, um den Armen eine frohe Botschaft zu bringen, um die zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen und den Gefesselten Befreiung..." (Jes 61,1) Ein Erlebnis beim Abschlussgottesdienst der Familiensynode macht das konkret. Unter den Gläubigen, die während der Gabenbereitung Gaben zum Altar brachten, war auch ein Mädchen, deren Gesicht stark entstellt war. Papst Franziskus bückte sich zu ihr und hat ihr Gesicht geküsst. Das ist die Haltung, die es braucht, und sie ist ein berührendes Beispiel für darstellende Seelsorge: Sie besteht in der liebenden, zärtlichen Hinwendung zu den Menschen. In solchen Gesten können wir die grundlose Liebe Gottes darstellen und gleichzeitig werden wir so selber von dieser Kraft der Liebe berührt und umarmt. Durch eine solche Seelsorge der Nähe und der Präsenz, wie sie auch bei der Amazonien-Synode zur Sprache kam, schenken wir den Menschen Würde und Ansehen. Solche darstellenden Gesten verändern alle Herzen, an erster Stelle das eigene. Und nur die Veränderung der Herzen verändert die Welt. Die Darstellung des Herrn durch das Schaffen von Anders-Orten Unsere Welt ist offensichtlich von verschiedenen Logiken bestimmt: etwa von der Logik der Medien, die fragt: Wie komme ich an? Von der Logik der Wirtschaft, die vielfach auf Effizienz abzielt; oder von der Logik der Technik, die besser, höher, schneller oder weiter sein will als andere. Für persönliche Schwächen, für Umkehr oder Versöhnung ist hier wenig Platz. Umso mehr glaube ich, dass die Kirche zu einem Anders-Ort werden muss. Dieser Begriff, der vom Philosophen Michel Foucault stammt, ist mir sehr sympathisch. Papst Johannes Paul II. hat einmal auf die Frage, was denn für die Zukunft der Welt am wichtigsten sei, gemeint: Gerechtigkeit und Versöhnung. Wenn wir auf die kirchliche Situation in Österreich schauen - auf unseren Umgang mit Konflikten, materiellen Gütern oder Autorität - sind wir da wirklich ein Anders-Ort? Ein Ort, bei dem es im positiven Sinn anders zugeht als in anderen Bereichen? Hand auf's Herz - müssen wir uns nicht manchmal auch schämen? Eine Änderung des Herzens und des Handelns geschieht allein, wenn wir auf Christus schauen. Im heutigen Evangelium haben wir gehört, wie durch die Begegnung mit dem kleinen Jesus das Herz des greisen Simeon zu einem Anders-Ort, zu einem Ort des inneren Friedens wird. Darstellung des Herrn wird möglich, wenn Demut und nicht Herrschsucht, Bescheidenheit und nicht Eitelkeit, Freiheit und nicht Unterwerfung, Ehrlichkeit und nicht Scheinheiligkeit groß geschrieben werden. Darstellung des Herrn ist möglich, wo das Vertrauen auf Gott und in die Mitmenschen gelebt wird. Wir müssen eingestehen: Als Bischöfe, als Priester, als Glaubensgemeinschaft, die füreinander und die Welt Sorge tragen, haben wir in diesem Punkt noch ein Stück des Weges vor uns - das war immer so und ist es auch heute. Ich möchte Dir, lieber Bischof Josef, wünschen, dass Du für Eure Diözese mit vielen getauften Christinnen und Christen, mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Darstellung des Herrn arbeiten kannst. Gott möge Deinen Weg segnen und Dir helfen, den Herrn darzustellen durch Deine Freundschaft mit Christus, durch die Hinwendung zu den Armen und durch das Bauen von liebevollen und gastfreundlichen Anders-Orten, in denen Gott und die Menschen groß werden können - magnetisch anziehende Anders-Orte, die in der Bibel vielleicht heißen würden: Reich Gottes. Gott möge Dich und den Weg der Kirche von Kärnten mit seinem Segen begleiten. |
Quelle: Kathpress