Theologe: Auch Kirche in Österreich braucht synodalen Prozess
Auch die katholische Kirche in Österreich braucht einen "synodalen Prozess, der interne Reformblockaden löst und entschlossen einen Weg der Selbstevangelisierung einschlägt". Diese Einschätzung hat der Innsbrucker Pastoraltheologe Christian Bauer am Dienstag - drei Tage nach der ersten Delegiertenversammlung des deutschen "Synodalen Weges" - auf der theologischen Feuilleton-Website feinschwarz.net geäußert. Der gemeinsame Weg ("syn-odos") von Bischofskonferenz und Laienvertretern habe mit einem offenen und ehrlichen Blick auf die kirchliche Wirklichkeit vielversprechend begonnen. Ein "Prozess der synodalen Selbstreinigung" stünde der österreichischen Kirche gut an, so Bauer. "Das Motto lautet auch hier: Mehr Synodalität wagen!"
Bei der jüngsten Versammlung von 230 Kirchenvertreterinnen und -vertretern wurde nach dem Eindruck des Theologen "offenbar ohne Diskussionsverbote, getragen von wechselseitigem Respekt und auf spürbarer Augenhöhe" um Konsequenzen nach dem "Entsetzen über die strukturelle Sünde des sexuellen bzw. spirituellen Machtmissbrauchs innerhalb der Kirche" gerungen. Die einzigen Ausnahmen hätten der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer als "wütender Zwischenrufer" und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der die hierarchische Struktur der Kirche in Frage gestellt sah, gebildet.
Um auch hierzulande "weg von einem klerikalen, hin zu einem synodalen Frame kirchlicher Praxis" zu gelangen, sollten sich die österreichischen Bischöfe, "deren Konferenz nach Jahren großer kirchlicher Konflikte inzwischen viel homogener zusammengesetzt ist als die deutsche", auf einen ähnlichen Prozess wie in Deutschland einlassen, regte Bauer an. Dies solle im Vertrauen auf den Heiligen Geist, der die Kirche wieder einmal auf einen neuen Weg ruft, geschehen: "Um zu wissen, wohin er führt, muss man ihn jedoch gehen", schrieb Bauer.
"Gottes- statt Klerikerherrschaft"
Der Theologe verwies auf die Impulse von Papst Franziskus, die Kirche zur "Umkehr aus evangeliumswidrigen Strukturen" und in Richtung Selbstevangelisierung zu führen. Ziel müsse eine "wirklich teilhabegerechte, diversitätsfreundliche, postklerikale und geschlechtersensible Kirche" sein, die missbrauchanfällige Machtstrukturen überwindet. Das größte Missionshindernis überhaupt ist laut Bauer eine Kirche, die statt der anbrechenden Gottesherrschaft eine "Männer- oder Klerikerherrschaft" widerspiegelt. Es gehe somit um "Kirchenreform als Zeugnis für das Evangelium".
Bauer plädierte für einen Prozess, der einer "weiteren Tribalisierung auch der österreichischen Kirche" wehrt und aus innerkirchlichen Filterblasen und Echokammern herausführt - "und auf diese Weise überhaupt erst erfahrbar einlöst, was 'katholisch' im Wortsinn meint". Der Innsbrucker Pastoraltheologe ist selbst initiativ in diese Richtung und bemüht sich um eine "Theologie, die ihren Ort am Schreibtisch, in Hörsaal und Seminarraum verlässt" und sich an bisher ungewöhnliche Orte wagt: Im vergangenen Advent startete Bauer dazu die Kurzfilmreihe "Theologie am Andersort", die auf "YouTube" zu sehen ist.
Bauer ist auch Referent bei der kommenden Vollversammlung des Katholische Laienrats Österreichs Anfang März in Wien, die dem Thema "Synodalität" gewidmet ist. Laienratspräsident Wolfgang Rank war als Beobachter am Synodalen Weg dabei und würdigte die Versammlung in Frankfurt in einem Resümee danach als "sehr spannend und sehr beeindruckend". (Link: www.feinschwarz.net)