Ordensinitiative gegen Abschiebung von Asylwerbern in Ausbildung
Jugendliche Asylwerber in Ausbildung oder nach erfolgter Ausbildung abzuschieben ist nicht nur inhuman, sondern zugleich auch ökonomisch höchst unsinnig. Mit diesem Appell hat sich die "Initiative für Asylwerber in Ausbildung" (AIA) in einem offiziellen Schreiben an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die Bundesregierung, die Parlamentarier sowie die niederösterreichische Landesregierung um Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner gewandt. Konkret geht es um 16 Asylwerber, die derzeit an der Wirtschaftsschule der Franziskanerinnen in Amstetten ihre Ausbildung machen, und denen die Abschiebung droht. Vertreter der Initiative präsentierten am Mittwoch vor Ort im Rahmen einer Pressekonferenz ihr Anliegen.
"Jedem vernünftigen Menschen in der Pädagogik ist klar, dass gut ausgebildete Menschen hier bleiben sollen", so der Direktor der Ordensschule, Leopold Dirnberger. Elisabeth Ortner, Lehrerin an der Schule, erzählte über ihre Erfahrungen in den sogenannten "Übergangsklassen" mit abzuschiebenden Asylwerbern. So gab es zum Beispiel einen Jugendlichen, der als ausgebildete Pflegekraft bereits eine Anstellung bei der Lebenshilfe in Linz in Aussicht hatte und dazu den Führerschein machte. Bevor er seinen Job antreten konnte, wurde er ins Flugzeug gesetzt und abgeschoben. Ortner forderte für die Auszubildenden die "Rot-Weiß-Rot-Karte" als Aufenthaltstitel.
Schulärztin Ester Steininger machte auf die schwierige gesundheitliche Situation der Jugendlichen aufmerksam. Die psychische Angst, der die Asylwerbenden ausgesetzt seien, mache nicht nur diese krank - Steininger sprach u.a. von Schlafstörungen, massiven Depressionen und Suizidgefahr -, sondern erfasse auch das unmittelbare Umfeld der Schüler. "Menschen haben ein Recht auf gesundheitliche Integrität", schloss die Schulärztin ihr Statement.
Sr. Elvira Reuberger, stellvertretende Generaloberin der Franziskanerinnen, wies darauf hin, dass abgeschobene Jugendliche, die eine katholische Schule in Österreich besucht haben, in ihren Heimatländern deswegen verfolgt würden. Und sie fügte hinzu:
Wir treten als Ordensgemeinschaft für die direkte Not dieser Menschen ein. Es ist ein urchristliches Anliegen, denn wer sonst soll für diese Menschen eintreten, wenn wir nicht unsere Stimme erheben?
Hans Müller, stellvertretender Obmann des "Verein Vielfalt nutzen in Ybbs", erzählte von seinen Erfahrungen mit der Betreuung von bis zu 120 Flüchtlingen in Ybbs an der Donau. Vielen sei es ein großes Anliegen sei, gut ausgebildete Jugendliche im Land zu behalten. Müller verwies in diesem Zusammenhang auf Mangelberufe wie etwa im Bereich der Pflege.
Sr. Hildegund Kammerhofer von den Franziskanerinnen Amstetten betonte die Folgewirkungen von Abschiebungen ausgebildeter Asylwerber: "Gut ausgebildete, arbeitswillige Jugendliche, die abgeschoben werden, sind keine guten Botschafter. Sie werden keine guten Friedensbotschafter sein", so Sr. Hildegund.
Der Brief der "Initiative für AsylwerberInnen in Ausbildung" zählt vier Argumente auf, warum man Asylwerbern auch nach ihrer Ausbildung nicht abschieben solle. Als humanitärer Grund wird die belastete Unterrichtssituation durch die psychosomatischen Krankheitsbilder von Asylwerbern benannt. Als wirtschaftliches Argument wird angegeben, dass es unökonomisch sei, in Ausbildung zu investieren und diese nicht in gesellschaftlichen Nutzen umzuwandeln. Vor allem erfahre das Argument durch die anstehende Pensionierungswelle der "Boomer-Generation" eine besondere Dringlichkeit.
Als dritter Grund, Asylwerbern in Ausbildung eine Zukunft zu bieten, wird im Brief die öffentliche Sicherheit aufgeführt. Abzuschiebende würden in die Illegalität abtauchen und anfällig für Radikalisierung. Als viertes Argument wird der "Respekt des Staates gegenüber ehrenamtliche Integrationsarbeit" aufgezählt. "Österreicherinnen und Österreich müssen frustriert und hilflos zusehen, wie alle Bemühungen zunichtegemacht werden und wertvolle Beziehungen verloren gehen", heißt es wörtlich in dem Schreiben, das von Generaloberin Franziska Bruckner und Direktor Leopold Dirnberger unterzeichnet ist.
Quelle: kathpress