Elbs: "Wirklich allen Menschen gut durch die Krise helfen"
"Unser aller gemeinsame Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass wirklich alle Menschen gut durch die Krise kommen." Das hat der Feldkircher Bischof Benno Elbs im "Kathpress"-Interview betont. Ganz wichtig seien deshalb "Meinungsbildner, die Hoffnung vermitteln, die Angst nehmen, zur Mitmenschlichkeit aufrufen und mit gutem Beispiel vorangehen". Dabei komme es gerade auch auf jeden noch so kleinen Beitrag an, betonte der Bischof, der auch ausgebildeter Psychotherapeut ist. Es seien gerade auch die Kleinigkeiten, etwa im Bereich der Nachbarschaftshilfe, "die eine Atmosphäre und ein gesellschaftliches Klima ausmachen".
Theologisch und psychologisch wichtig sei die Aufmerksamkeit für Freiräume. Es gehe um die Frage: "Wo ist mein Freiraum, wo kann ich gestalten und etwas einbringen?" Und das Handeln Jesu sei hier für ihn, so der Bischof, ein Vorbild, wie man auch mit einer Krise umgehen kann:
Das innige Beten, das sich an Gott Wenden, das Hinschauen auch auf die Beziehungen, auf die Familie, die Zuwendung zu den Menschen, die Hilfe brauchen, die nicht mehr allein weiter können. Dieser Blick auf Jesus hilft uns als Christinnen und Christen, in einer guten, menschlichen Art den Weg miteinander zu gehen.
"Grundwasser des Vertrauens"
Der Glaube sei in Krisenzeiten eine ganz wichtige Ressource, "weil er uns immer wieder daran erinnert, dass auch in den schwierigsten Momenten unseres Lebens Gott an unserer Seite steht". In dieser tiefen christlichen Grundüberzeugungen, würden viele Menschen Halt finden und das könne auch zu größerer Gelassenheit und einer gewissen Leichtigkeit führen, so Elbs: "Das bemerke ich gerade auch bei älteren Menschen, die schon Krisenerfahrungen gemacht haben und zugleich Gott an ihrer Seite verspürt haben." Nachsatz: "Das lässt das Grundwasser des Vertrauens steigen."
Er spüre derzeit persönlich bei Telefonaten oder per Mail bei manchen Menschen eine besondere Hilflosigkeit und Verzweiflung, "weil sie das Gefühl haben, mit der Situation überfordert zu sein, nicht genug Kraft zu haben um die Krise bewältigen zu können. Weil sie krank sind oder alt sind oder sonstige Sorgen haben." Und das führe zu Ohnmacht und Lähmung. Er merke aber auch, "dass dann viele im Gebet Kraft schöpfen, weil eben der Mensch im Gebet über sich hinausgeht und darauf vertraut, dass es noch etwas anderes gibt, was die Welt und das Leben bewegt, nämlich Gott, und dass ich nicht auf mich allein gestellt bin". Elbs weiter wörtlich:
Wenn wir das erfahren können und auch miteinander teilen können, dann ist das etwas, das uns persönlich stärkt, was uns aber auch als Gemeinschaft stärkt. Und das ist die Aufgabe der Kirche, gerade auch in dieser Situation der Not, die die Menschen auch beten lehrt.
Aber auch für nicht gläubige Menschen seien überstandene Krisen eine ganz wichtige Ressource. "Wer Krisen überstanden hat, hat damit auch Strategien entwickelt, wie er oder sie persönlich durch Krisen kommt", so Bischof Elbs.
"Niemand weiß, wie es nach der Krise aussehen wird"
Die gegenwärtige Krise sei freilich mit nichts zu vergleichen. "Dass die ganze Welt still steht und dass alle einen Weg suchen, aus dieser Krise zu kommen, das ist schon etwas, was einzigartig ist." Das gesamte Weltgefüge müsse sich neu bilden.
Das ist nicht nur eine persönliche Krise für einzelne Familien und Menschen, wenn sie erkranken, sondern es ist eine kollektive Krise, die auch die Beziehungen zueinander verändern wird und vor allem natürlich auch die Wirtschaft und damit unseren Lebensstandard.
Niemand wisse, wie es nach der Krise aussehen wird, so der Bischof: "Man wird meines Erachtens Wege nachhaltiger Neuorientierungen gehen müssen und dürfen. Das kann sich ja auch zum Positiven entwickeln, und das ist meine Hoffnung und davon bin ich eigentlich auch überzeugt."
Kreative neue Wege in der Kirche
Für die Kirche sei es auch eine Zeit existenzieller neuer Erfahrungen, wenn gerade die persönlichen physischen Begegnungen nicht möglich sind. Elbs: "Wir entdecken gerade in der Kirche ganz neue Formen des Miteinanders. Wie können wir füreinander da sein? Wie können wir andere Menschen unterstützen? Wie können wir füreinander beten? Und für mich ist es schon auch ein schönes Zeichen, wie kreativ neue Wege entwickelt werden." Er denke an Gottesdienstübertragungen, an die Idee, Gebet via Mail zu schicken, Online-Exerzitien für junge Menschen.
Die Aufgabe der Kirche in dieser Situation ist es, kreativ zu sein und trotz allem Nähe und Präsenz zu zeigen, aber eben mit den Möglichkeiten, die es jetzt gibt.
Und er räumte ein, dass nun einfach Dinge möglich würden, etwa Internet-Gottesdienste, "über die man zu anderen Zeiten vielleicht lange diskutiert hätte, die man aber so nicht zusammengebracht hätte". Ich glaube auch, dass viele Dinge und Ideen, die jetzt entwickelt werden, auch weitergehen werden.
Die aktuelle Situation biete andererseits aber auch die Chance zu erkennen, "welche Bedeutung das Miteinander hat, das gemeinsame Gebet und auch das gemeinsame Feiern". Das werde man in den Ostertagen wohl besonders vermissen "und erkennen, dass dieses Miteinander zutiefst zum menschlichen Leben gehört".
"Schon ein sehr beklemmendes Gefühl"
Zur Frage, wie es ihm persönlich geht, wenn er täglich praktisch allein Gottesdienst feiert, meinte der Bischof: "Das ist schon ein sehr beklemmendes Gefühl. Aber auf der anderen Seite ist es auch ein sehr berührendes Gefühl zu wissen, dass wir über das Medium Radio in diesem Fall miteinander verbunden sind." Er habe noch nie in seinem Leben so viele Rückmeldungen nach einem Gottesdienst bekommen wie zuletzt, so Elbs, dessen Messen am Sonntag zuletzt immer vom ORF-Regionalradio Vorarlberg übertragen wurden. "Und ich habe gemerkt, dass dieser Gottesdienst für viele Menschen eine Quelle der Kraft, Freude und Zuversicht ist. Ich habe mir vorgestellt, dass die Menschen vor mir sind und das hat mich schon sehr berührt." Viele Menschen vertrauten ihm auch ihre Sorgen an, "die ich im Gebet vor Gott bringe. Deshalb ist mein Gebet jetzt auch sehr emotional und vielleicht auch intensiver und existenziell stärker."
Quelle: kathpress