08. Apr. 2020
Dom Museum Wien / Hertha Hurnaus
Kirchliche Museenlandschaft hofft auf frühlingshaftes Erblühen
Wie viele andere österreichische Museen, die ab 18. Mai wieder schrittweise öffnen dürfen, hofft derzeit auch die kirchliche Museenlandschaft auf ein frühlingshaftes Erblühen nach den coronabedingten Schließungen: Das "Dom Museum Wien" etwa plant, am 3. Juni seine Pforten wieder zu öffnen, das Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten gleich am 18. Mai, das "DomQuartier" in Salzburg ebenfalls zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Die meisten kirchlichen Häuser, die sich nun auf die Wiedereröffnung vorbereiten, haben allerdings auch schon während der Lockdown-Phase versucht, via Internet ein interessiertes Publikum anzusprechen. Der heuer absehbar schwache Tourismus werde aber allen Kultureinrichtungen zu schaffen machen, so der Tenor nach einem Kathpress-Rundruf.
Sicher ist: "Der Museumsbesuch, wie wir ihn gewohnt sind, wird vorerst und auf noch nicht absehbare Zeit anders sein", wies die Wiener Dommuseums-Direktorin Johanna Schwanberg hin. Nur eine überschaubare Anzahl von Besuchern werde sich die bald wieder zugängliche Sonderschau "Family Matters" ansehen können, die zudem Distanz zueinander halten und Masken tragen müssen.
Themen, "die unter die Haut gehen"
Die Corona-Krise bestätige den seit der Wiedereröffnung 2017 eingeschlagenen Weg des Dom Museums, so Schwanberg - nämlich auf Themen zu setzen, "die unter die Haut gehen". In "Zeig mir deine Wunde" (2018/19) wurde den Fokus fast prophetisch auf die Verwundbarkeit des Menschen gelenkt, "Family Matters" zeige Familie als Ort der Nähe, aber auch der Distanz und manchmal der Gewalt. Derzeit werde mit Hochdruck an der kommenden Ausstellung "Fragile Schöpfung" gearbeitet, die laut Schwanberg die komplexe Verbindung zwischen Mensch und Umwelt anhand ihrer künstlerischen Rezeption auslotet. Die Bandbreite der Exponate reiche von einer barocken "Arche Noah" bis hin zu zeitgenössischen Werke zur Klimakrise. Der geplante Eröffnungstermin ist der 30. September.
Die Zeit des Lockdowns überbrückte das Dom Museum Wien mit viel Kreativität; das Haus neben dem Stephansdom wurde online "offen" gehalten. So stellte Johanna Schwanberg in einer "Director's Tour" regelmäßig jeweils ein Objekt der aktuellen Ausstellung vor, es gab einen virtuellen 360-Grad-Rundgang durch "Family Matters", "Kunstvermittlung From Home" über Objekte der Schausammlung, Kreativ-Challenges, Quiz und Info über die neue App (https://dommuseum.at/app).
Trotz allem "Überall Musik!" in Salzburg
Wie Reinhard Gratz, Direktor des Salzburger Dommuseums, gegenüber Kathpress ankündigte, wird es ab Juli eine neue Sonderausstellung geben, die das heurige Jubiläumsjahr der Salzburger Festspiele (deren 100-jähriges Bestehen wohl erst im 101. Jahr gefeiert wird) begleiten sollte: "Überall Musik!" lautet der Titel der in Vorbereitung befindlichen Schau, die den Hof der Salzburger Fürstenbischöfe als Zentrum der europäischen Musikkultur zwischen 1587 und 1807 in den Blick nehmen wird. Akzente dazu wird es neben dem Dommuseum auch in den anderen Einrichtungen des "DomQuartier" wie etwa der Residenzgalerie geben, sagte Gratz.
Erst kurz vor dem Lockdown eröffnet wurde die Sonderausstellung "Der Kuss der Musen" in der Salzburger Residenzgalerie, die noch bis Anfang 2021 zugänglich sein soll. Der Musenkuss für Homer beim Verfassen der Odyssee oder für Ovid bei den Metamorphosen waren immer wieder Quellen der Inspiration für Malerfürsten wie Theaterleute. Dass Götter und Helden oftmals Gemälde bevölkerten, veranschaulicht diese Ausstellung auf eindrucksvolle Weise.
Wie hoch der finanzielle Schaden durch das Ausbleiben der Salzburg sonst stürmenden Gäste aus aller Welt zu beziffern ist, steht laut Direktor Gratz noch nicht fest. Sein Haus und das "DomQuartier" insgesamt werde den Touristenschwund jedenfalls schmerzlich spüren; er habe Kurzarbeit für Mitarbeiter beantragt und plane - erstmals - einen Schließungstag für sein Museum, teilte Gratz mit.
Unter dem Hashtag #ClosedButActive bietet auch das "DomQuartier" eine Reihe von virtuellen Erkundungen als Alternative zu physischer Präsenz an.
"Corona-Punktlandung" in Graz
"Wie eine Punktlandung auf die derzeitige Corona-Situation" passt nach den Worten von Johannes Rauchenberger, Leiter des Grazer "Kultum" (Kulturzentrum bei den Minoriten), die ab 18. Mai zugängliche Ausstellung, "Alois Neuhold: Innergärten und Trotzdemblüten. Verstreute Blütenblätter aus dem Gartenbuch eines verlorenen Paradieses." Der Künstler selbst habe dabei Hand angelegt und somit die Einhaltung aller Abstandsregeln beim Aufbau in den Ostertagen garantiert. Ab Samstag, 24. April, soll die Schau bereits online in Form von kleinen Filmen beworben werden. Für Herbst ist erneut "Paradiesisches" für eine zweite Themenausstellung geplant - die Schau "Paradise" des in Paris lebenden bulgarischen Künstlerpaars Nina Kovacheva und Valentin Stefanoff.
Gute Erfahrungen machte auch Rauchenberger - wie er berichtete - mit Videoclips, in denen er die vergangene Ausstellung über "Kunst zur Fastenzeit" mit Arbeiten von Erwin Lackner und Iris Christian Aue vorstellte. Der Ansatz, "nicht nur auf die Kunst einzugehen, sondern ausgehend von den Werken auch auf die aktuelle Situation der Isolation, der Krankheit, der Flüchtlingsfrage etc. anzusprechen", trugen dem Grazer Kunsthistoriker und Theologen beachtliche Zugriffe ein: Diese Miniführungen erreichten mehr als 1.500 Personen pro Clip, freute sich Rauchenberger.
Kunst ist "geistiges Lebensmittel"
Ein reichhaltiges Programm erwartet die "Kultum"-Besucher in Form von Künstlergesprächen. Vorerst virtuell als Gespräch zwischen Alois Neuhold und Kurator Rauchenberger, sobald es die Situation erlaubt auch mit Publikum. Auf die klassischen Schließzeiten im Sommer wird das Grazer Museum diesmal verzichten, so der Direktor: "Gerade jetzt muss Kunst als geistiges Lebensmittel verfügbar gemacht werden."
Ähnlich äußerte sich Direktorin Schwanberg im Kathpress-Gespräch: Gerade in Zeiten wie diesen könne sich ein Museum mit Kunstwerken, die sich existenziellen Themen widmen, als "Safe Space" positionieren - "als Ort der Reflexion und der Kontemplation". Schwanberg betrachtet den Besuch als "Möglichkeit, sich jenseits der Herausforderungen des derzeit schwierigen Alltages sinnliche, emotionale und ästhetische Erlebnisse zu holen".
(Links: www.dommuseum.at; www.domquartier.at; www.kultum.at)
Quelle: kathpress