Krautwaschl: "Kirche ist mehr als Erfüllung der Sonntagspflicht"
Der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl hat in einem Hirtenbrief Erkenntnisse formuliert, die die bisherige Corona-Krise für die Kirche gebracht habe, und an die Gläubigen appelliert, den spürbaren Zusammenhalt weiterhin zu pflegen. Nun, da es unter Auflagen wieder möglich sei, gemeinsam Messe zu feiern, wolle er nach dem Ende des strengen Lockdowns eine Zwischenbilanz ziehen: "Wir haben einiges gelernt in dieser Zeit", schreibt Krautwaschl in seinem im "Sonntagsblatt" (Ausgabe 17. Mai) veröffentlichten Text. "Kirche ist mehr als die Sonntagsmesse", mehr als das gemeinsame Feiern und die Erfüllung der "Sonntagspflicht". Die Kirche sei kein Selbstzweck, sondern Mittel, um "die lebendige Beziehung zu Gott zu ermöglichen und zu vertiefen".
Dass diese Sichtweise des Glaubens auch wesentlich eine soziale Dimension umfasst, verdeutlicht der steirische Bischof mit dem Appell: "Leben wir weiterhin aufmerksam füreinander." Diese Aufmerksamkeit solle sich auf Menschen richten, die ihre Arbeit verloren haben, und auf Wirtschaftstreibende, "die weder aus noch ein wissen". Solidarität sei angesichts globaler Katastrophen wie Flucht und Hunger erforderlich, aber auch angesichts von Einsamkeit und unsichtbarer Not. "Stehen wir zusammen, weil es unser Auftrag als Kirche insgesamt und in der Diözese Graz-Seckau ist, die innigste Gemeinschaft mit Gott und untereinander zu leben", bittet Krautwaschl.
Die Pandemie habe verdeutlicht: "Die Kirche wie auch ihre Lebensäußerung in den Sakramenten sind nicht das Ziel, sondern Mittel, um auf dem Weg zu Christus voranzukommen." Diese Erkenntnis über die Bedeutung der Kirche "ist heilsam und tut Not", erklärt der Grazer Bischof. "Machen wir daher auch weiterhin ernst damit, dass sich Christsein im alltäglichen Leben abspielt." Das umfasse auch religiöse Ausdrucksformen wie Tisch- und Rosenkranzgebet oder sich "einfach zwischendurch mit ein paar Worten an Gott zu wenden". Krautwaschl ermunterte zu Kreativität, "unser Leben aus dem Evangelium allein, im kleinen Kreis und auch gemeinsam zu gestalten".
Der Bischof vergleicht das diesjährige Ostern mit jenem damaligen der Jünger, deren Leben durch den Kreuzestod Jesu "gehörig durcheinandergebracht" worden sei. Auch heute, da ein winziges Virus der ganzen Welt ihre Grenzen aufgezeigt habe, gelte: "Unser Weg in der Kirche und in unserer Welt kann auch nicht so weitergehen, wie wir das gewohnt waren."
Quelle: kathpress