Hilfswerke: Österreich muss Menschenrechte weltweit einmahnen
Bei der Bekämpfung des Covid-19-Virus gehen Polizei und Militär in vielen Ländern mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen die eigene Bevölkerung vor: Darauf haben die Dreikönigsaktion, Licht für die Welt und die Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO) in einer gemeinsamen Aussendung vom Donnerstag hingewiesen. Die Hilfswerke appellieren an die Bundesregierung, als Vorsitzland des UN-Menschenrechtsrats international die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern. Ebenso sei ein Soforthilfepaket in der Höhe von 100 Millionen Euro für 2020 und der Ausbau der Entwicklungshilfe-Leistungen ab 2021 nötig, um den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise im globalen Süden entgegenzuwirken.
"Während in Europa zentrale Freiheitsrechte weitgehend nur temporär durch Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie beschnitten wurden, geraten global die Menschenrechte stark unter Druck", schilderte KOO-Geschäftsführerin Anja Appel. So sei etwa in Brasilien die Situation "geradezu bedrohlich", würden dort doch "von höchster politischer Ebene die Rechte der indigenen Bevölkerung negiert und für den Zweck der wirtschaftlichen Ausbeutung zunehmend eingeschränkt". Das Coronavirus spiele diesen Interessen in die Hände, seien doch durch den Lockdown auch die offiziellen Kontrollen und der zivilgesellschaftliche Widerstand eingeschränkt.
Quarantäne ist "Zeitbombe"
Über exzessive staatliche Gewalt bei den Ausgangsbeschränkungen berichtet die Dreikönigsaktion. Schon aus mehreren afrikanischen Ländern hätten kirchliche NGOs die Einhaltung der Menschenrechte und ein Ende von Polizeigewalt eingefordert. Doch auch in Südamerika sei die Situation bedenklich: Projektpartner bezeichneten die Quarantäne als "Zeitbombe", weil ein Großteil der Bevölkerung in derzeit geschlossenen Sektoren arbeite und nun weder über Einkommen noch über Zugang zu Nahrungsmitteln verfügten. Auch fragten sich viele Menschen, ob es schlimmer sei, wegen des Virus zu verhungern oder daran zu sterben. Die staatliche Hilfe, auf welche die meisten Menschen hofften, treffe meist nicht ein oder sei zu gering.
Menschen mit Behinderungen leiden in vielen Ländern des globalen Südens ganz besonders an den Vorgehensweisen der Länder gegen die Epidemie. Licht für die Welt berichtet in der Aussendung von einem Fall aus Kenia, bei dem zwei Männer mit nicht offensichtlichen Behinderung von Polizisten geprügelt wurden, da er die Ausgangssperre missachtet hatte; die Männer - einer von beiden starb an den Verletzungen - wussten von den Beschränkungen jedoch gar nicht. Auch in Südafrika seien ähnliche Fälle von exzessiver Gewaltanwendung durch die Polizei bekannt.
Menschenrechte als Leitlinien
Die internationale Staatengemeinschaft müsse wachsam gegenüber derartigen Menschenrechtsverletzungen sein und auf Maßnahmen zu deren umgehender Beendigung drängen, fordern die drei Hilfswerke. "Menschenrechte wie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die UN-Kinderrechtskonvention oder die UN-Behindertenkonvention müssen gerade in Krisenzeiten Leitlinien sein", heißt es in der Aussendung. Anliegen vulnerabler Gruppen und deren Beteiligung an der Planung und Umsetzung der Maßnahmen müssten besonders beachtet werden.
Konkrete Unterstützung durch Österreich sei jedoch auch angesichts der sich zuspitzenden Hungersituation nötig, betonen die Hilfswerke - besonders "wenn Kinder nicht zur Schule gehen können, wo sie normalerweise ihr Essen bekommen, oder Bauern bei ihren Ernten und dem Verkauf von Lebensmitteln behindert werden". Internationaler Solidarität sei Gebot der Stunde: "Wer jetzt nicht mithilft, fragile Staaten zu stärken und arme Länder der Welt solidarisch zu unterstützen, erhöht das Risiko weiterer Krisen und kommt seinen international vereinbarten Pflichten nicht nach", so die drei NGOs.
Quelle: kathpress