Theologe: Glaubenslehre über Homosexualität "revidierbar"
Laut katholischer Glaubenslehre sind homosexuelle Partnerschaften "in sich nicht in Ordnung" und "in keinem Fall zu billigen" - doch "auch wenn der Katechismus da noch sehr apodiktisch formuliert, heißt das nicht, dass das nicht revidierbar ist". Diese aus seiner Sicht wünschenswerte Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral stellte der Linzer Liturgiewissenschaftler Ewald Volgger in einem Interview des deutschen Portals katholisch.de in Aussicht. Weltkirchlich scheine eine Mehrheit dafür wohl noch in weiter Ferne, räumte der Theologe ein. "Gleichzeitig gilt es aber auch wahrzunehmen, dass es bei aller Ablehnung doch eine beachtliche Anzahl von Bischöfen gibt, die Betroffenen und engagierten Seelsorgern sagen: Wir müssen in dieser Richtung redlich vorankommen."
Volgger war gemeinsam mit seinem Linzer Kollegen Florian Wegscheider Autor einer neuen Publikation im Auftrag der liturgischen Kommission Österreichs über die Benediktion (=kirchenamtliche Segnung, Anm.) von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die Reaktionen aus aller Welt auf diesen Text hätten nicht nur Ablehnung gezeigt, "sondern auch eine positive Aufnahme der Initiative mit dem Hinweis, dass wir über dieses Thema sprechen und da vorankommen müssen - im Sinne einer grundlegenden Veränderung der Kirchenlehre", berichtete Volgger in dem Interview.
Der Papst habe mit "Amoris laetitia" Impulse in diese Richtung gesetzt, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, habe sich offen zu dieser Frage geäußert. Auch gebe es neue Erkenntnisse in Bibelwissenschaft, Moraltheologie und Ethik. "Ich sehe aber natürlich auch, dass wir durch die Ungleichzeitigkeit in verschiedenen Ländern, innerhalb der Kirche und im ökumenischen aber auch interreligiösen Bereich noch einen weiten Weg vor uns haben", räumte Volgger ein. "Ein Weg bedeutet aber, dass wir ihn beschreiten wollen und dass ein Ziel vor Augen steht."
Den Hinweis darauf, dass Kritiker eine Spaltung befürchten, wenn die Kirche mehr auf Homosexuelle zugeht, konterte der Theologe damit, dass schon in vielen Fragestellungen eine Kirchenspaltung angekündigt wurde. "Wer mit solchen Totschlagargumenten Diskussionen verhindern will, will auch eine sachliche Auseinandersetzung verhindern."
Viele Homosexuelle bereits eingebunden
Volgger zeigte sich zudem, überzeugt, dass die Kirche in der Praxis bereits die Einbindung von Homosexuellen umsetzt. "Viele gleichgeschlechtlich orientierte Menschen tun in unterschiedlichen Zusammenhängen der Kirche ihre Arbeit, von der Pfarrgemeinde bis in die höchsten Ebenen der kirchlichen Hierarchie." Würde die Kirche das offen benennen und die Prägung dieser Menschen anerkennen, würde sie auch den Weg zu einem Leben in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft öffnen. "Homosexuelle haben das gleiche Recht auf verantwortete Partnerschaft wie Heterosexuelle", sagte Volgger wörtlich. Zum Ausdruck käme dies durch eine "Benediktion von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften".
Für den Liturgiewissenschaftler und Angehörigen des Deutschen Ordens ist die "entscheidende Frage: Können zwei gleichgeschlechtlich liebende Menschen ihre Taufberufung für ein gemeinsames Leben verfolgen und von der Kirche den Segen dazu erhalten?" Seine Antwort: Durch eine offizielle Segensfeier der Kirche ergäbe sich eine Verbindlichkeit für diese Partnerschaft. Durch die Bezeichnung als Benediktion würde die Kirche eine Wertschätzung für diese Verbindung zeigen, "die zeichenhaft die Liebe Gottes zum Menschen ausdrückt". Damit würde auch Enttäuschung und Leid vermieden und Diskriminierung zurückgenommen.
Warum dann nicht gleich für das Ehesakrament für Homosexuelle plädieren? Volgger dazu: "Die Frage liegt natürlich nahe." Im Sinne eines schrittweisen Vorankommens sei jedoch "eine gewisse Zurückhaltung angebracht". Wesentlich sei die Anerkennung der gemeinsamen Lebensweise von "zwei gleichgeschlechtlichen Partnern, die Gott zusammenführt". (Link: https://www.katholisch.de/artikel/25706-volgger-nicht-nur-segen-fuer-homosexuelle-paare-sondern-anerkennung)
Quelle: kathpress