Bischof Schwarz: Kirche hat aus Corona-Zeit gelernt
Die Kirche hat nach den Worten des St. Pöltner Bischofs Alois Schwarz aus der Coronakrise viel gelernt. Schwarz verwies im Interview mit den "Niederösterreichischen Nachrichten" (NÖN) u.a. auf die hohen Zugriffszahlen bei gestreamten Gottesdiensten oder auf viele digitale Lebenshilfe-Angebote. "Kirche war in diesen Tagen überall, und sie hat einen enormen Zuspruch erlebt. Wir haben ganz neue Erfahrungen gemacht und nehmen viele davon in die Zukunft mit", so der Bischof. Zugleich habe sich freilich auch gezeigt, "dass der Gottesdienst, in dem wir einander begegnen, durch nichts zu ersetzen ist".
Kritik, dass die Corona-Maßnahmen zu restriktiv gewesen seien, wollte Schwarz so nicht teilen. "Wir Österreicher haben einander geschützt. Die Intensivstationen sind wieder fast leer von Corona-Patienten. Die von der Bundesregierung festgelegten Maßnahmen waren die Grundlage dafür, dass wir überlebt haben", so der Bischof wörtlich.
Konkret darauf angesprochen, dass etwa bei Bestattungen und im Hospizbereich die Vorgaben äußerst restriktiv gewesen seien, sagte der Bischof: "Ja, es stimmt: Manche haben große Opfer gebracht, indem sie sich an Vorgaben und Verordnungen gehalten haben. Denen sind wir auch dankbar, weil sie ermöglicht haben, dass andere überleben konnten. Auch wenn es ganz, ganz schwer war für sie."
"Direkter zu den Menschen kommen"
Die Diözese St. Pölten hat auf Initiative von Bischof Alois Schwarz Anfang Juni einen Organisationsentwicklungsprozess gestartet, in dessen Mittelpunkt die Verwaltung der Diözese und nicht die Pfarrstruktur stehen soll. Im NÖN-Interview erläuterte Schwarz sein grundsätzliches Anliegen dahinter: "Mein Ziel ist, dass wir eine zukunftsfähige, lebensfördernde, ermutigende Kirche in diesem Land sind, dass die Leute wissen, wofür die katholische Kirche in Niederösterreich steht. Wo schenkt sie mir Spiritualität, ethische Ausrichtung, innere Grundorientierung, wo schenkt sie mir die Kraft? Und da habe ich gesagt, schauen wir mal, ob unsere Organisation dem dienlich ist, gut dienen kann." Es müsse darum gehen, "direkter zu den Menschen und gemeinsam zu einem neuen Miteinander zu kommen". Die Pfarrstruktur solle nicht verändert werden, "aber wenn wir eine sehr gut organisierte Struktur in der Diözesanleitung stellen, dann können wir den Pfarren entsprechende Hilfe bieten".
Das bedeutet für den Bischof auch eine Stärkung der Laien vor Ort: "Wir haben sehr gute Frauen und Männer in unseren Dörfern, die nicht nur die Kirche auf- und zusperren, die vorbeten am Sonntag, die, wenn der Pfarrer nicht da ist, einen Gottesdienst halten. Die Einbindung der Gläubigen ist stärker geworden." Ihm gehe es "um eine Ermächtigung derer, die das tun".
Ein Beispiel dafür sei der Ausbildungskurs für Begräbnisleiterinnen und Begräbnisleiter. "Diese Frauen und Männer werden dann Begräbnisse halten. Nicht nur immer der Pfarrer, sondern auch jemand, der vor Ort ist, die Leute kennt, die Familien kennt und sie begleitet, ganz persönliche Worte sagen kann", so Bischof Schwarz.
In der Diözese stecke enorm viel Potenzial, zeigte sich der Bischof überzeugt:
Ich habe versucht, die Beteiligung zu stärken, möglichst viele Menschen in die Verantwortung einzubeziehen und mitgestalten zu lassen. Wir haben den Pastoralrat gegründet, den Diözesanrat, und demnächst wird es auch eine Frauenkommission geben.
Zur Diözese St. Pölten gehören knapp 500.000 Katholikinnen und Katholiken. Die diözesane Infrastruktur umfasst 422 Pfarren. Die Diözese beschäftigt 380 Priester sowie 541 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter 127 Pastoralassistentinnen und -assistenten sowie Jugendleiterinnen. In den Zentralstellen der Diözese sind 263 Personen beschäftigt.
"Große Ausdruckskraft des gebauten Glaubens"
Auf das neue Diözesanmuseum und die Neugestaltung des St. Pöltner Domplatzes angesprochen, zeigte sich Schwarz von den beiden Projekten inhaltlich überzeugt. Das umgebaute und völlig neu gestaltete Museum mache deutlich, "dass es eine große Ausdruckskraft des gebauten Glaubens gibt". Der Glaube drücke sich in Bildern und Bauwerken aus. "Das war immer so und ist auch heute noch so - und so muss auch das Museum positioniert werden", so Schwarz. Der Domplatz spiele für die Diözese St. Pölten eine große Rolle: "An den Markttagen merkt man heute schon, welche Kraft der Platz hat. Er lebt nicht von den Autos, die hier geparkt werden, sondern von den Menschen, die hier staunend stehen und einander begegnen." Die drei St. Pöltner Plätze Landhausplatz, Domplatz und Rathausplatz gehörten zusammen und seien "wie Perlen auf einer Kette".
Schließlich nahm der Bischof auch noch zur philosophisch-theologischen Hochschule in St. Pölten Stellung. Dieser Tage geht das letzte Semester zu Ende.
Die Entscheidung, die Hochschule zu schließen, sein keine leichte gewesen, räumte Schwarz ein. Sie habe aber vor allem den Dienst gehabt, für die Priesterausbildung vor Ort zu sorgen. Die Priesterausbildung sei aber schon vor seiner Zeit nach Wien gewandert, so Schwarz: "Jetzt bilden wir hier Theologen oder Religionslehrer aus. Und da haben wir im Umkreis Einrichtungen in Wien, Heiligenkreuz, Trumau und Linz." Was ihm abgehe, so der Bischof, "ist eine Einrichtung, die der Gesellschaft mit dem wissenschaftlichen Nachdenken über den Glauben dient, über Ethik und Spiritualität. In diese Richtung wird es in Zukunft gehen."
Quelle: kathpress