Klagenfurt: Streifzug durch die Jazzgeschichte als "Musica Sacra"
Ein Schlagzeuger direkt vor dem Altar und neun Blechbläser daneben bildeten am Mittwochabend im Klagenfurter Dom ein jazziges Ensemble, das man nicht unbedingt als Teil der sommerlichen Konzertreihe "Musica Sacra" erwartet hätte. Doch der Kontrast zwischen dem barocken Ambiente der Kärntner Bischofskirche und dem dargebotenen Streifzug durch die Jazzgeschichte ließ Knie in den Kirchenbänken wippen und wurde mit anhaltendem Applaus bedacht. Die beiden weit über die Grenzen Kärntens hinaus bekannten Ensembles "HoViHoLoHoff" und das "BlechReiz Brassquintett" formierten sich an diesem Abend zu einer Marching-Band im Stil von New Orleans und boten trotz der hallenden Akustik mitreißende Songs aus Stilrichtungen wie Ragtime, Dixieland, Blues, Spirituals und Musical-Klassikern wie "Hello Dolly".
Gastgeber Dompfarrer Peter Allmaier schlug in seiner Begrüßung eine Brücke zwischen Jazzklängen und abendländischer Glaubenstradition: Das Spiritual "When the Saints Go Marching in" sei nichts anderes als die Übersetzung eines antiken Textes des Kirchenlehrers Ambrosius und Ausdruck von Erlösungshoffnung schwarzafrikanischer Sklaven in den USA. Dann folgten mitreißende Töne, für die laut den Jazzmusikern gelten: Europäische und afrikanische Musiktraditionen treffen sich in Amerika auf Augenhöhe. Zwei Höhepunkte: der "St. Louis Blues" von W. C. Handy aus dem Jahr 1914, bei dem ein Paar auf der Empore zu tanzen begann, und der auf das Drogenmilieu anspielende Song "Minnie the Moocher" von Cab Calloway aus den 1920er Jahren, bei dem das Publikum im Dom engagiert den Scat-Refrain "Hi-de-hi-de-hi-de-ho" mitsang. Wie Dompfarrer Allmaier Kathpress mitteilte, wurde die Corona-Maximalzahl von 220 Personen in den Kirchenbänken und der zusätzlichen Bestuhlung trotz heftigen Gewitterregens annähernd erreicht.
Hochkarätiges trotz Corona
Dass das sommerliche Kirchenmusik-Festival im Klagenfurter Dom trotz coronabedingter Einschränkungen auch im Jahr 2020 stattfinden kann, war lange Zeit unsicher. Die diesjährige Ausgabe ist etwas kleiner dimensioniert, aber mit nicht weniger hochkarätigem Programm. So ladet der Dommusikverein zu insgesamt sechs Chor-Orchester-Gottesdiensten sowie drei zusätzlichen Konzerten an Mittwochabenden zwischen dem 15. und dem 29. Juli, in denen wie schon im Vorjahr ungewöhnliche Besetzungen und Klänge erlebbar sind.
An den Sonntagen noch bis 9. August sowie am Marienfeiertag, 15. August, werden jeweils um 10 Uhr von Dompfarrer Peter Allmaier zelebrierte Festmessen mit hochkarätiger Musikgestaltung im Dom gefeiert. Unterschiedliche Chorensembles werden zusammen mit dem Domorchester im Altarraum der Domkirche musizieren und die Mozart-Werke "Spatzenmesse", die Missa brevis in G-Dur, die Spaur-Messe und die Orgelsolomesse interpretieren, dazu die Missa solemnis brevis in C von Johann Ernst Eberlin (26. Juli) und die Messe in G von Franz Schubert am 2. August, die auch vom ORF-Radio übertragen wird.
Am 22. Juli ist Dommusikassistentin Melissa Dermastia mit einem Solorecital an den beiden Domorgeln sowie auf einem Yamaha-Flügel im Dom zu hören; am 29. Juli werden unter dem Titel "Saxorgano" Klänge der Marienorgel mit Domorganist Klaus Kuchling sowie des Saxophons von Stephanie Schoiswohl kombiniert.
Für Dompfarrer Allmaier setzt "Musica Sacra" heuer mehr denn je ein "hörbares Zeichen christlicher Hoffnung" - gerade nach einer langen Zeit der Stille und Sprachlosigkeit. Und die Künstler bräuchten dringend zweierlei: Geld und Publikum.
Quelle: Kathpress