Salzburger Festspiele begehen 100-Jahr-Jubiläum
Die Salzburger Festspiele (1. bis 30. August) feiern heuer ihr 100-Jahr-Jubiläum: Am 22. August 1920 ist der "Jedermann" auf dem Domplatz in Salzburg das erste Mal in Szene gegangen, seither "wird vor dem Domplatz der 'Jedermann', das Sterben des reichen Mannes, aufgeführt", erinnert der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in einem "Festspiel-Schwerpunkt" in der aktuellen Ausgabe des "Rupertusblatts". Möglich gemacht wurde die erste Aufführung in Österreich durch das Engagement des "kunstsinnigen und aufgeschlossenen Erzbischof Ignaz Rieder", erläutert Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung und das Onlineportal der Erzdiözese Salzburg. Lackner und Rabl-Stadler betonen zudem die von Beginn an enge Zusammenarbeit zwischen Kirche und Festspielen.
Seit jeher seien die Festspiele mit ihren Bühnen Orte des Nachdenkens, der Reflexion und der Selbstbesinnung gewesen, unterstreicht der Salzburger Erzbischof. "Sie haben sich dem Anliegen verschrieben, das - mit Rilke gesprochen - lauten könnte: Lebe die Frage."
Die geschichtlich-geografische Herkunft der Festspiele liege in einer Epoche, als die ganze Welt in Gefahr gewesen sei, "als der Erste Weltkrieg wütete; Europa war in Gefahr, als aufgeteilt und zerteilt wurde; unser Land war in Gefahr, als die Monarchie zerbrach und Neues sich erst konstituieren musste", so Lackner. Auch heute komme den Festspielen "angesichts der aktuellen Krisen in der Welt" eine wichtige Rolle zu. Indem sie das Publikum herausfordern, leisteten die Festspiele heute wie damals "einen Beitrag zur Versöhnung zwischen Menschen verschiedener Herkunft, Orientierung und Glauben".
Salzburg statt Innsbruck
Dass die Festspiele nun seit 100 Jahren in Salzburg stattfinden, ist einer Absage aus Innsbruck zu verdanken. Die Ursprungs-Idee des Film- und Theatermachers Max Reinhardt (1873-1943) war es, die Festspiele vor eine Kirchenfassade in Innsbruck aufzuführen. Erst die ablehnende Haltung der Tiroler Landes- und Stadtväter, die das Projekt scheitern ließ, brachte den Salzburger Dom ins Spiel.
"Der kunstsinnige und aufgeschlossene Erzbischof Ignaz Rieder, dem 'ein guter Jude wie Reinhardt lieber ist, als ein schlechter Christ', erteilte damals die Genehmigung und erlaubte Reinhardt zudem, die Domorgel und das Glockengeläut für die Aufführung zu nützen", erläutert Präsidentin Rabl-Stadler zum Ursprung der Festspiele.
"Jedermann"-Autor Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) sah auch in der Kollegienkirche - die bis heute als Festspiel-Standort genutzt wird - den idealen Ort für sein Mysterienspiel und versprach im Gegenzug dafür, gleichzeitig die Reparaturarbeiten in Auftrag zu geben. Max Reinhardt habe gar auf sein Honorar verzichtet und Hofmannsthal soll seine Tantiemen je zur Hälfte der Renovierung der Kollegienkirche und der Festspielhausgemeinde gewidmet haben. So wurde die Kirchenerneuerung zu je einem Drittel aus Hofmannsthals Tantiemen, Mitteln der Festspielhausgemeinde und aus staatlichen Geldern finanziert, so Rabl-Stadler. Eine Tradition, die nun mit Benefizaktionen für kirchlichen Spielstätten, wie Dom, Kollegienkirche und Stiftskirche St. Peter fortgeführt wird.
Seit der Gründung vor 100 Jahren etablierten sich die Salzburger Festspiele als das bedeutendste Festival für Oper, Schauspiel und Konzert. Rabl-Stadler sieht einen Grund dafür auch in der Ausstrahlung der Stadt Salzburg: "In kaum einer anderen Stadt ist die Symbiose von Kirche und Kunst so sichtbar, wo die prächtigen barocken Kirchenbauten das Stadtbild prägen und als stumme Zeugen an die längst erloschene weltliche Macht der Salzburger Kirchenfürsten erinnern."
Absagen und neues Format "Fragmente - Stille"
Coronabedingt gehen die Festspiele heuer in verkürzter Form über die Bühne: Statt der geplanten 200 Vorstellungen an 44 Tagen an 16 Spielstätten wird es 110 Vorstellungen an 30 Tagen an 8 Spielstätten geben.
Betroffen davon ist auch die traditionelle "Ouverture spirituelle" und deren Vortragsreihe "Disputationes", die erst wieder 2021 vorgesehen sind. Das Programm wäre in diesem Jahr im Zeichen des Themas "Pax" und der Gründungsmission der Festspiele "als eines der ersten Friedensprojekte" gestanden, informierte der Trägerverein der "Disputationes Salzburg" mit Ex-Vizekanzler Erhard Busek als Spiritus Rector. Die geplanten Veranstaltungen werden im Juli nächsten Jahres nachgeholt.
Spirituelle Angebote wird es dennoch auch heuer geben: So findet in der Kollegienkirche das Format "Fragmente - Stille" statt. Mit der neu gestalteten "kleinen Reihe", so Konzertchef Florian Wiegand, habe man Ensembles und Künstlern eine Plattform gegeben, deren ursprüngliche Projekte aufgrund der Vorgaben und Einschränkungen diesen Sommer modifiziert oder abgesagt werden mussten. Den Auftakt von "Fragmente - Stille" machen am 3. August Emilio Pomarico und das Klangforum Wien, gefolgt von Cantando Admont unter der Leitung von Cordula Bürgi. In der Stiftskirche St. Peter gibt es heuer keine Aufführungen.
Neben dem "Jedermann" stehen bei den Festspielen 2020 die Oper "Elektra" von Richard Strauss, Wolfgang A. Mozarts "Cosi fan Tutte", das Schauspiel "Everywoman" von Milo Rau oder ein Beethoven-Zyklus auf dem Programm.
(Info: www.disputationes.at; www.salzburgerfestspiele.at)
Quelle: kathpress