Theologe Hoff: Neue theologische Freiheiten unter Franziskus
Auf neue theologische Freiheiten unter Papst Franziskus als bisher "kaum bemerktes Kennzeichen des laufenden Pontifikats" hat der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff aufmerksam gemacht. Anders als etwa unter Johannes Paul II. und dem damaligen Glaubenspräfekten Joseph Ratzinger gebe es in der Ära von Franziskus "keine Maßregelung von Theologinnen und Theologen", es gebe auch keine öffentliche Ermahnung oder lehramtlichen Eingriffe. "Stattdessen diskutieren Synoden Fragen, die vor Kurzem noch in den Konflikt mit der Glaubenskongregation getrieben hätten", so die von Hoff in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche" dargelegte Beobachtung.
Unter dem Wojtyla-Papst sei eingeschärft worden, dass es keinen Dissens der Theologen mit dem kirchlichen Lehramt geben könne. Neue Theorieansätze vor allem an der Schnittstelle der Theologie der Religionen und der Christologie sein schnell "unter Relativismus-Verdacht" gerieten, schrieb der Fundamentaltheologie-Professor. Lehramtliche Verfahren sollten Theologen "auf Linie bringen", vielen sei Lehrerlaubnis verweigert oder sie mit Auflagen diszipliniert worden. Diese Praxis habe den Problemdruck durch Herausforderungen wie Anerkennung homosexueller Partnerschaften, Frauenordination oder kirchliche Gewaltenteilung jedoch "nur verschoben".
Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland (in den Hoff seine theologische Expertise einbringt) "entspringt dem Wunsch nach einem Befreiungsschlag". Es herrsche freie Rede ohne Denkverbote, es werde "heute diskutiert ..., was vor wenigen Jahren noch Theologinnen ihre Karriere kostete". Hoff forderte als weitere Schritte für ein neues Verhältnis der katholischen Kirche zur Freiheit der Theologie, dass Verfahren, in denen Theologen die Lehrerlaubnis verweigert wird, offengelegt werden und es nach Akteneinsicht gegebenenfalls zur Revision von Entscheidungen kommt. Unabhängige Kommissionen aus Bischöfen und Theologinnen seien dafür erforderlich.
Verhältnis Theologie-Lehramt neu denken
Papst Franziskus betrachte das Theologiestudium als "kulturelles Laboratorium" mit Kontakt zu anderen Wissenschaften, erinnerte der Fundamentaltheologe. Daraus ergebe sich Offenheit für "Experimente", für Hypothesenbildungen und methodische Innovationen. Neue Einsichten etwa beim Beispiel der Frauenordination fußten auf historisch-biblischen Expertisen sowie auf kulturwissenschaftlich informiertes Wissen um Geschlechterkonstruktionen. Auch wenn Franziskus von Gendertheorien wenig zu halten scheine, nehme der Papst weder die Frage aus dem Spiel, noch beschneidet er Theologinnen, die entsprechend argumentieren, würdigte Hoff. Stattdessen setze Franziskus beim Thema Diakonat der Frau "nach den unbefriedigenden Ergebnissen einer ersten Arbeitsgruppe gleich die nächste" ein. "Offene Probleme, so lautet die franziskanische Lektion, lassen sich im digitalisierten 21. Jahrhundert nicht durch autokratischen Entscheid lösen."
Als Konsequenz daraus empfiehlt Hoff eine theologische Revision des Konzepts vom "Lehramt". Theologische Expertise gehe nicht nur argumentativ in Entscheidungen ein, sondern sei ein "Aspekt des reflektierten Glaubenssinns des Gottesvolkes". Nachfrage des Theologen: "Was hindert daran, dies in formellen Entscheidungsprozessen zur Geltung zu bringen?"
Quelle: Kathpress