Caritas: Jetzt Kinderarmut und Rekordarbeitslosigkeit bekämpfen
Um eine soziale Krise als Folge der Gesundheitskrise zu verhindern, sind jetzt "wirksame Rezepte gegen Rekordarbeitslosigkeit und Kinderarmut" notwendig. Das hat Klaus Schwertner, Geschäftsführender Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, am Donnerstag anlässlich der von Armutskonferenz und WU Wien präsentierten Studie "Corona und Armut" über die sozialen Folgen der Pandemie erklärt. "Wir brauchen nicht nur Dashboards, die das aktuelle Infektionsgeschehen abbilden", sagte Schwertner. "Wir brauchen auch mehr Klarheit, welche wirtschaftlichen und sozialen Folgen mit der Corona-Krise einhergehen." Auf Basis der nun vorgelegten Daten müsse vor allem die enorm gestiegene Arbeitslosigkeit wirksam bekämpft und Kleinstunternehmer besser unterstützt werden.
Die Caritas forderte eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes bei Beibehaltung der Notstandshilfe. Auch Jugendliche sind nach den Worten des Caritas-Direktors besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen. "Wir benötigen eine Beschäftigungsoffensive, die niemanden zurücklässt, und eine deutliche Stärkung des AMS."
Dass die Bedarfsorientierte Mindestsicherung abgeschafft und durch die Sozialhilfe Neu von der vormaligen ÖVP-FPÖ-Regierung "nur ungenügend ersetzt wurde", erweise sich in der Krise als Fehler, wies Schwertner hin. Die Zahl der Beziehenden sei während der Krise gestiegen, schon davor seien Kinder und Jugendliche die größte Bedürftigengruppe gewesen. "Wir hoffen sehr, dass die Sozialhilfe Neu nun rasch armuts- und coronafest ausgestaltet wird", so Schwertner. Gerade in der Krise müssten gestellte Anträge deutlich rascher bearbeitet haben.
In ihren Sozialberatungsstellen stoße die Caritas auch auf Alleinerziehende und Familien, die von den verschiedenen Hilfsmaßnahmen der Regierung - etwa aus dem Familienhärtefonds - nur unzureichend oder gar nicht profitieren. "Viele Familien und Alleinerziehende warten bis heute auf die Unterstützung aus dem Familienhärtefonds - 25.000 Anträge wurden noch nicht bearbeitet", weiß Schwertner. Selbstständige erhielten wiederum nur einen Teil der Leistung ausbezahlt. Aus Caritas-Sicht sei es "nicht nachvollziehbar, dass hier gerade auch die schwächsten Familien schlechtergestellt sind als andere". Hier brauche es rasche Verbesserungen.
Das Ausmaß der wirtschaftlichen Corona-Folgen erkennt die Caritas der Erzdiözese auch an der Zahl der Hilfesuchenden: In Wien seien es aktuell um 15 Prozent mehr Erstkontakte verglichen mit dem Vorjahr - "mehr Anfragen, als wir aktuell bearbeiten können". In jenen Teilen Niederösterreichs, die zur Erzdiözese gehören, sei diese Zahl mit einer Zunahme um 41 Prozent noch einmal deutlich höher. Vor allem Selbstständige, Alleinerziehende und Familien mit Kindern bräuchten Hilfe.
Diakonie: Soziale Probleme werden größer
"Die sozialen Probleme werden größer": Das beklagte auch Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser mit Blick auf die am Donnerstag veröffentlichte Studie. Einig ist sie sich mit der Caritas beim Thema "solider Schutz gegen Armut": Die Studienergebnissen zeigten, "wie wichtig jetzt eine gute Mindestsicherung wäre, statt einer schlechten Sozialhilfe, die Menschen in Existenznöten und Notsituationen nicht trägt."
Die Abschaffung der Mindestsicherung und das in den Bundesländern Nieder- und Oberösterreich bereits bestehende Sozialhilfegesetz werde in der Krise noch große Probleme machen, prognostizierte Moser. Es würden Armutslagen verschärft, Betroffene zu Bittstellern degradiert und neue Hürden und Unsicherheiten eröffnet. Es gelte sofort Lösungen und Auswege für Existenzgefährdete zu finden, so die Diakonie-Direktorin. Die Länder hätten Spielräume, zusätzliche Regelungen zu treffen. "Diese müssen sie stärker nützen." Mittelfristig sei freilich der Bund gefordert, wieder eine solide Mindestabsicherung zu gewährleisten.
Weiters wichtig sind laut Moser Maßnahmen gegen Kinderarmut wie der Ausbau der "Frühen Hilfen" und niederschwelliger Familienberatungsstellen, der Lückenschluss bei Therapien und die Verlängerung der Jugendhilfe über das achtzehnte Lebensjahr hinaus.
Quelle: kathpress