Telefonseelsorge-Tipps für Bewältigen der zweiten Welle
Die zweite Welle der Covid-19-Pandemie bedeutet für viele Menschen erneut eine enorme psychische Belastung, die mit tiefer Verunsicherung, Entmutigung und Perspektivlosigkeit einhergehen kann. Tipps für den Umgang mit derartigen negativen Gefühlen gibt es nun von den Verantwortlichen der von katholischer und evangelischer Kirche getragenen "TelefonSeelsorge - Notruf 142" in Oberösterreich. Sie registrieren mit den steigenden Infektionszahlen auch einen wachsenden Bedarf an Beratungsgesprächen, heißt es in einer Aussendung vom Mittwoch. Viele Menschen seien genervt, gestresst, erschöpft oder ausgelaugt.
Besonders die Erkenntnis, dass noch kein Ende der Corona-Situation absehbar sei, sei bitter. "Die Hoffnung auf eine Rückkehr ins 'normale' Leben schwindet, zudem macht sich das Gefühl breit, dass man selbst - außer der Einhaltung der Hygieneregelungen - nichts für die Beendigung dieses Ausnahmezustandes tun kann", umschreibt TelefonSeelsorge-OÖ-Leiterin Silvia Breitwieser die Stimmung. Dazu komme, dass Covid-19 auch die sonst kraftgebende Vorfreude wie etwa auf den Stammtisch, das Wellness-Wochenende, den Winterurlaub oder eine Großveranstaltung zunichtemache.
Damit Kraft und Lebensfreude nicht ausgehen, sollte man zunächst "die eigenen Gefühle, so unangenehm sie auch seien, wahr- und ernstnehmen", rät Barbara Lanzerstorfer-Holzner, Referentin bei der Telefonseelsorge. Man dürfe auch mal traurig und wütend sein oder sich darüber beklagen, dass die Krise auslauge, verunsichere und ängstige. Kreative Ausdrucksformen, das Gespräch mit hilfreichen Bezugspersonen oder, falls letztere nicht verfügbar sind, auch ein Anruf bei der Telefonseelsorge seien geeignete Kanäle dafür.
Denn im zweiten Schritt sei das Überlegen ratsam, was in dieser Phase helfen könne, wie etwa "ein Spaziergang, eine Meditation, ein Telefonat", oder das Besinnen darauf, wie frühere Krisen gemeistert wurden oder wer damals half. "Es geht darum, handlungsfähig zu bleiben: Was kann ich tun, um mich selbst wirksam zu erleben? Wo komme ich zu Kräften, wer bzw. was sind meine Tankstellen?", so die Expertin. Drittens sollte man über Bisheriges und Gewohntes Resümee ziehen und überlegen, was weitergeführt werde und was nicht, welche Rituale für die Lebensfreude hilfreich seien oder worauf man sich auch jetzt freuen könne.
Als weitere hilfreiche Strategien für den Umgang mit Ängsten und Sorgen empfahlen Breitwieser und Lanzerstorfer-Holzner das Achten auf eine Tagesstruktur wie etwa Aufsteh- und Bettgehzeiten, die genaue Planung, um durch aktive Tagesgestaltung ein Stück Kontrolle zurückzuerlangen und die Beschränkung der mit Corona-Nachrichten verbrachten Zeit auf maximal eine halbe Stunde täglich. Bewegung an der frischen Luft helle die Stimmung auf und fördere die Gesundheit, Entspannungsübungen könnten Ängste reduzieren, Telefonate und Videochats mit Familie oder Freunden Halt geben.
Mit Blick auf die seelische Gesundheit seien allerdings auch Verzicht und Grenzsetzung ratsam - besonders gegenüber zweifelhaften Meldungen in Bezug auf Covid-19 in sozialen Medien, sowie auch gegenüber negativen Gedanken: "Sprechen Sie mit Bezugspersonen auch über Erfreuliches. Vergessen Sie nicht, dass dieser erneute Ausbruch des Coronavirus auch zu Ende geht", legen die Seelsorgerinnen nahe. Backen, Lesen oder Spaziergänge seien darüber hinaus gegen zu viel Grübelei wirksam, wie auch das Aufschreiben von Gedanken und Sorgen.
"Wer das Gefühl hat, es alleine nicht zu schaffen, sollte nicht zögern und Unterstützungsangebote nutzen", bekräftigten Breitwiese und Lanzerstorfer-Holzner erneut. Die unter der Notrufnummer 142 rund um die Uhr kostenlos erreichbare Telefonseelsorge verstehe sich als "Leuchtturm in Krisenzeiten". Um besonders niederschwellig zu wirken, gibt es das vertrauliche und anonyme Angebot unter dem Motto "Sorgen kann man teilen" nicht nur per Telefon, sondern auch via E-Mail und Chat. (Info: www.onlineberatung-telefonseelsorge.at)
Quelle: kathpress