Hugo Portisch: Putin "klug genug, kirchenfreundlich zu sein"
Wladimir Putin war im Unterschied zu den russischen Kommunisten "klug genug, von Anfang an kirchenfreundlich zu sein". Darauf hat Journalistenlegende Hugo Portisch in einem Interview der Linzer "KirchenZeitung" hingewiesen. Der Kreml-Chef gehe mit der Kirche "sehr behutsam" um, nehme an Gottesdiensten teil, habe den Patriarchen umarmt und eine Kathedrale für die Armee eröffnet. "Putin weiß, wenn er sich mit der Kirche gut stellt und diese mit ihm zusammenarbeitet, nützt ihm das", erklärte Portisch. "Und die Kirche unterstützt das Regime auch."
In dem Gespräch anlässlich des Erscheinens seines neuen Buches "Russland und wir" (Ecowin Verlag) erinnerte der 93-jährige, jüngst mit dem "Hans-Ströbitzer-Preis" ausgezeichnete Portisch an die Unterdrückung der Kirche während der schlimmsten Zeit des Stalinismus und des Kommunismus, die sich bis zum Fall des Eisernen Vorhangs fortgesetzt habe - auch wenn Stalin den Glauben der Bevölkerung ausgenutzt habe: "Er wollte, dass sie ihm und dem Krieg gegenüber positiv eingestellt ist und nutzte die Kirche als patriotische Einrichtung - eine nicht ganz neue Idee."
Mit der bolschewistischen Revolution und dem Kommunismus sei auch eine Entfremdung vom Rest Europas einhergegangen, sagte Portisch. "Es entstand eine Freund-Feind-Beziehung", die sich in einer bis heute feststellbaren Rivalität äußere. Die Europäer würden in Russland - das als europäischer Staat betrachtet werden solle - ein separiertes Machtzentrum sehen, meinte Portisch. "Wenn sich Russland auch als solches verhält, wird es dauern, bis beide zusammenfinden." Die derzeitige Distanz, nachdem Putin eine Zeit lang eine engere Kooperation zu suchen schien, liege vielleicht an der schlechten wirtschaftlichen Lage, mutmaßte der Journalist und vielfache Buchautor.
Von Österreich hätte sich Portisch eine aktivere Vermittlerrolle im Ukraine-Konflikt erwartet, es habe ihn erstaunt, dass sich das Außenamt hier "herausgehalten" habe. Zumal Österreich selbst einmal in einer ähnlichen Situation wie die Ukraine war - nämlich als es der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beitreten wollte, wie Portisch erinnerte. Um "den russischen Bären nicht zu reizen", wie der damalige Kanzler Julius Raab es formulierte, habe Österreich die gewünschte Orientierung Richtung Westen erst spät mit dem Beitritt besiegelt. "Ähnlich geht es der Ukraine, diese wollte einen Vertrag mit der Union eingehen und Putin hat ein Veto eingelegt, weil aus seiner Sicht die Ukraine sich nicht dem Westen anschließen darf." Hier hätte Österreich vermittelnd eingreifen können, so Portisch.
Quelle: kathpress