An Universität Innsbruck
Neues Zentrum für "interreligiösen Begegnungsraum"
An Universität Innsbruck
Neues Zentrum für "interreligiösen Begegnungsraum"
An der Universität Innsbruck wird der wissenschaftliche Religionsdialog zwischen Christentum und Islam weiter ausgebaut: Am Donnerstagabend ist hier das Zentrum für Interreligiöse Studien (ZIRS) offiziell gestartet - mit einer Eröffnungsfeier, die aufgrund der Corona-Bestimmungen als Videokonferenz durchgeführt wurde. Die interreligiöse Forschung soll mit dem neuen Zentrum ebenso gestärkt werden wie Kooperationen, Vernetzung und die Begegnung zwischen den Religionen, hieß es von den Beteiligten, die aus der Zusammenarbeit auch Rückwirkungen für die universitäre Lehre sowie in Folge auch für die Gesamtgesellschaft erwarten. Es gebe in Innsbruck somit einen "interreligiösen Begegnungsraum" auf akademischer Ebene.
"Die jüngsten Ereignisse zeigen, wie wichtig in einer pluralen Gesellschaft der reflektierte Zugang zum eigenen Glauben und auch die Auseinandersetzung mit der anderen Religion ist", verwies Prof. Zekirija Seijdini vom Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik als einer der beiden Verantwortlichen des neuen Zentrums auf die Schreckensnachrichten vom selben Tag, als ein Attentäter drei Menschen in einer katholischen Kirche von Nizza grausam ermordet hatte. Sein katholischer Gegenpart, Prof. Martina Kraml vom Institut für Praktische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät, verwies auf die Notwendigkeit, "Feindschaften zu überwinden" durch ein Hinterfragen der "Ambivalenz von absoluten Wahrheiten" und das Hinwirken auf "kontingenzsensible Haltung". Dazu wolle man mit dem neuen Zentrum beitragen.
Die interreligiöse Zusammenarbeit an der Universität Innsbruck kann bereits mehrere Erfolge aufweisen, heißt es seitens der Beteiligten: Die Erweiterung des religionspädagogischen Studienangebots um die Islamische Religionspädagogik im Studienjahr 2013/14 gilt hier als einer der bisherigen Meilensteine, wie auch die Gründung des Instituts für Islamische Theologie und Religionspädagogik im Jahr 2017. Das neue Zentrum für Interreligiöse Studien soll laut Kraml und Seijdini Studierende kompetenter im Umgang mit Vielfalt machen, künftige Lehrer, Seelsorger und Multiplikatoren erreichen und in letzter Folge ein friedliches Zusammenleben unterstützen.
Religionsvertreter: Dialog unverzichtbar
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler bezeichnete in einer Videobotschaft die Errichtung des neuen Zentrums als "ganz klare Entscheidung für den Dialog". Dieser sei in allen Bereichen der Gesellschaft, insbesondere jedoch auch zwischen Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugung vonnöten. "Als Christ und Bischof" sehe er sich selbst "sehr beschenkt durch Menschen mit anderen religiösen Überzeugungen, insbesondere Muslime", erklärte Glettler. Er verwies dabei auf den starken Dialog-Impuls in dem Anfang Oktober veröffentlichten Lehrschreiben "Fratelli tutti" von Papst Franziskus. Die Menschen als "Kinder der gleichen Erde" hätten ihren jeweiligen Glauben als "Reichtum" und müssten sich als Geschwister sehen, sei eine zentrale Botschaft darin.
Ebenfalls per Video meldete sich der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich, Ümit Vural, zu Wort. Eine "positive Beziehung" zu Angehörigen anderer Religionen sei in pluralistischen Gesellschaften unverzichtbar, betonte der oberste Muslimen-Vertreter des Landes. Interreligiöser Dialog ziele ab auf "Verständigung, Klärung und Konsens" und könne wesentlich dazu beitragen, "vorgefasste Meinungen zu revidieren und Vorurteile abzubauen". Er sei ein wirksames Mittel zur Lösung von Konflikten und sozialen Problemen. Mit dem neuen Zentrum an der Uni Innsbruck würden Bemühungen für ein besseres Verständnis der Religion "begleitet und gefördert".
Universitätsrektor Tilmann Märk bezeichnete die ZIRS-Gründung als Antwort auf die von der Globalisierung aufgeworfene Frage, "wie Religionsgemeinschaften mit Vielfalt und Transition umgehen"; bei dem Zentrum handle es sich um einen "freiwilligen Zusammenschluss" von Lehrenden und Forschenden an der Universität, betonte er. Wolfgang Stadler, Dekan der Fakultät für LehrerInnenbildung, hob die Bedeutung eines "wertschätzenden Umgang der Lehrenden mit Vielfalt an Sprachen, Kulturen und Religionen" hervor. Dass Religionsdialog "in der Ersten Person - mit religiösen Menschen statt über sie" stattfinden müsse, erklärte Joseph Quitterer, Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät.
Des anderen Wahrheit wertschätzen
Religionsdialog müsse schon vor theologischem Austausch und Reflexion ansetzen und im Konkreten "draußen" beginnen, forderte in einer anschließenden Expertendiskussion der Innsbrucker Theologe Roman Siebenrock: "In einem Dialog des Lebens, der Nachbarschaft, des Handelns und des politischen Gestaltens", so der Professor für Systematische Theologie. Als entscheidend dafür nannte Siebenrock eine zurückhaltende, "sich selbst entmächtigende" Denkform: "Wir sollen in den anderen Traditionen suchen, achten, anerkennen und fördern, was dort an Werten und Wahrheiten zu finden ist. Das bedeutet letztlich, den anderen mehr achten als sich selbst." Die Fokolar-Gründerin Chiara Lubich habe dies vorgelebt und die Bereitschaft gefordert, "Gott in mir für den Gott im anderen zu verlieren". Ein solcher Dialog riskiere sich selbst und sei "ohne Mystik nicht machbar", bemerkte der Theologe.
Quelle: Kathpress