"Das Ganze ist eine ernste Sache"
Erzdiözese Wien verurteilt Kirchen-Störung in Favoriten
"Das Ganze ist eine ernste Sache"
Erzdiözese Wien verurteilt Kirchen-Störung in Favoriten
Die Erzdiözese Wien verurteilt die jüngsten Ereignisse von Randalierenden in der Pfarrkirche St. Anton in Wien-Favoriten und erwartet rasche Aufklärung und Konsequenzen. "Das Ganze ist eine ernste Sache: Gläubige haben das Recht, ungestört ihre Religion ausüben zu können. Dieses Recht ist eine der Säulen eines friedlichen Zusammenlebens und muss geschützt werden - gerade in Wien, wo der Religionsfriede vorbildlich ist." Das erklärte Diözesansprecher Michael Prüller am Freitagabend in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress. Am Donnerstagabend waren mindestens 30 Jugendlichen in die Kirche eingedrungen. Nach Polizeiangaben hatten sie dort herumgeschrien und gegen die Bänke getreten. Nachdem der Pfarrer die Polizei verständigt hatte, konnten alle entkommen.
Rund um die Kirche St. Anton in Favoriten habe es seit rund zwei Wochen verstärkte Wahrnehmung von Belästigungen durch eine Jugendbande gegeben, die zuletzt eskaliert sind, führte Prüller zu den Ereignissen aus. "Nicht nur die katholische Pfarrkirche, auch andere Institutionen im Grätzl haben schon schlechte Erfahrungen gemacht. Wir sind mit der Polizei diesbezüglich in gutem Kontakt und gehen davon aus, dass sie das Problem rasch in Griff bekommt und es entsprechende Konsequenzen gibt." Die Gesellschaft müsse eine Antwort auf die Randalierer in Favoriten finden. "Aber dazu braucht es zuerst Klarheit über ihre Hintergründe, Motive und Ziele", hielt der Sprecher der Erzdiözese Wien fest.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) verurteilte die Vorkommnisse: "Wir lassen uns in Österreich das Recht auf freie Religionsausübung niemals zerstören und werden die christliche Gemeinschaft mit allen unseren Kräften schützen", sagte Nehammer im "Kurier", der am Freitag über die Ereignisse berichtet hatte. Er habe den Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit angewiesen, alle Polizeidienststellen zu sensibilisieren und den öffentlichen Raum insbesondere im Hotspot Favoriten verstärkt zu überwachen, so der Innenminister.
Bundeskanzler gegen falsche Toleranz
Nach Randale in einer Kirche in Wien-Favoriten hat sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gegen falsch verstandene Toleranz gewandt. "Alle Christen müssen in Österreich frei und in Sicherheit ihren Glauben ausüben können! Wir werden den Kampf gegen den politischen Islam entschieden weiterführen und hier keine falsche Toleranz zeigen", schrieb Kurz am Freitagabend auf Twitter und dankte gleichzeitig den Polizisten für ihren Einsatz.
Die Attacke einer Gruppe Jugendlicher auf eine Kirche in Wien-Favoriten ist auch für die Grüne Integrationssprecherin Faika El-Nagashi "inakzeptabel und gefährlich". "Wir dürfen uns von desintegrativen Gruppen nicht spalten lassen. Bei jedem dieser Vorfälle muss unsere Antwort sein: mehr Zusammenhalt, mehr Zusammenarbeit, mehr Demokratie, mehr Emanzipation, mehr Bildung, mehr Gewaltprävention, mehr Pluralität", sagte El-Nagashi am Freitag gegenüber der APA.
Gewalt- und Aggressionspotenzial bei Jugendlichen werde durch jihadistischen Fundamentalismus und nationalistische Kampfrhetorik befeuert, meinte die Grüne Integrationssprecherin. Anzusetzen sei bei Gewaltprävention und bei Deradikalisierungsarbeit von allen Seiten, um dem islamistisch und nationalistisch begründeten, ideologischen Unterbau zu begegnen.
Der stellvertretende FPÖ-Bundesparteiobmann Manfred Haimbuchner sprach in einer Aussendung von einem "in höchstem Maß verwerflichen Sturm auf ein Kirche". Für Haimbuchner ist das eine "Attacke auf unsere liberale Demokratie und unsere freiheitliche Gesellschaft als Ganzes. Nach einem solchen Angriff darf man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen." Haimbuchner stellte den Vorfall in eine Reihe mit der Enthauptung eines Lehrers in einem Pariser Vorort und dem Terrorakt in einer Kirche in Nizza, und meinte, das sei bereits der dritte Angriff auf die europäisch-abendländische Gesellschaft binnen weniger Tage.
Der "Kurier" sprach in seinem Bericht davon, dass Ermittler des Verfassungsschutzes davon ausgehen, dass es sich bei den Eindringlingen um eine Gruppe türkischer Jugendliche handelt, die sich zuvor über die sozialen Medien organisiert hatte. Der gesamte Vorfall soll aber von einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden sein, die nun ausgewertet wird.
Auch muslimische Kritik an Störaktion
Österreichische Muslime haben sich nach Störaktionen von Jugendlichen, die in zwei Wiener Kirchen randalierten, auch mit "Allahu akbar"-Rufen, und nach den Attentaten in Frankreich mit Christen solidarisiert. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, schrieb am Samstag auf Twitter, für ihn mache es keinen Unterschied, ob eine Kirche oder eine Moschee angegriffen werde. "Der Friede in unserer Gesellschaft darf nicht gefährdet werden. Die Causa ist aufzuklären und Verantwortlichen sind zur Rechenschaft zu ziehen. Volle Solidarität mit dem Wiener Kardinal", so Vural. Die IGGÖ setzte unterdessen laut ORF-Religion in Form einer Mahnwache vor der Favoritener Antonskirche ein Zeichen.
Tarafa Baghajati, Obmann der "Initiative Muslimischer Österreicherinnen und Österreicher" (IMO) schrieb auf Facebook, die IMO wolle der Gemeinde der angegriffenen Pfarre St. Anton "das große Entsetzen der Muslime Osterreichs uber das Verhalten der Jugendlichen ausdrücken; nichts rechtfertigt ein derartig verantwortungsloses Verhalten". Aus islamischer Sicht seien sowohl Gotteshäuser als auch die Nachbarschaft absolut geschützt. Beide islamische Gebote seien von diesen Jugendlichen gröblichst verletzt worden. "Auch wenn die absolute Mehrheit der Muslime Osterreichs ohnehin dieses inakzeptable Verhalten verurteilt, möchten wir der Pfarre in aller Deutlichkeit unsere Solidaritat und Wertschatzung ubermitteln."
Ramazan Demir, Imam und Dozent an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems (KPH), zeigte sich "erschüttert": "Allahu akbar schreien und ein Gotteshaus stürmen ist unfassbar und nicht hinzunehmen. Der Angriff auf die Kirche ist ein Angriff auf die Grundprinzipien im Islam. Der Islam verlangt einen respektvollen Umgang mit der Nachbarschaft und keine Nachbarschaft in der Angst, Wut und Hass herrschen. Mögen solche scheußlichen Taten unsere Gesellschaft und unsere Einheit nicht spalten und sich nicht wiederholen. Meine vollste Solidaritat mit der christlichen Gemeinde und den Gemeindemitgliedern", so Ramazan Demir.
Der Innsbrucker islamischee Theologe Prof. Zekirija Sejdini verurteilte auf Facebook die jüngsten "abscheulichen Terrorakte" . Er denke an die unschuldigen Opfer und ihren Angehöriger. "In der Welt darf kein Platz sein für menschenverachtende Täter, die ihren grausamen Terror religiös kaschieren. Solche Verbrechen können auf keine Art und Weise legitimiert werden, und schon gar nicht religiös. Die Anschläge sind ein Angriff gegen unsere plurale Gesellschaft und auch gegen die europäische muslimische Bevölkerung. Sie zielen darauf ab, unsere Bemühungen für ein Miteinander zu zerstören und stärken jene Kräfte, die alleinig Hass und Gewalt schüren wollen", beklagte Sejdini.
Quelle: Kathpress
