Bischof und Gesundheitsminister über Kirche und Fehlerkultur
Die Gesellschaft braucht mehr Mut für eine neue Fehlerkultur und die Politik mehr Spiritualität: So zeigen sich der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in einem Doppelinterview im "Grüß Gott!"-Magazin unisono. Gemeinsam sei Politikern wie Bischöfen, dass sie Projektionsfläche für Erwartungen und Aggressionen seien, meinte Scheuer in der Herbstausgabe des kirchlichen Magazins, das seit 2019 zweimal pro Jahr an alle oberösterreichischen Haushalte versendet wird. Weitere Themen des Magazins sind "Gott im Gehirn", die Suche nach Gott in Fußball oder Musik, Brauchtum in der Vorweihnachtszeit oder soziales Wirtschaften in Betrieben.
Kritik übten Bischof und Gesundheitsminister an einem "Zwang zum Perfektionismus", Optimierungsgeschichten und einer mangelhaften Fehlerkultur. So gibt es zwar laut Anschober "eine Sehnsucht nach normal und authentisch handelnden Menschen" in der Politik, gleichzeitig aber auch eine Tendenz zu "immer höher, immer schneller". Für Bischof Scheuer brauche es mehr Verzeihen: "Fehler kann man nur dort leicht zugeben, wo man ein grundsätzliches Wohlwollen spürt."
Als aktuell drängende Frage der katholischen Kirche bezeichnete Anschober die Gleichstellung von Mann und Frau. Für Scheuer eine "Zerreißprobe" aufgrund der unterschiedlichen Traditionen innerhalb der Kirche und weltweit.
Beide vereine ein "Zugang zur Spiritualität", der jedoch als Grundsatzdenken in der Politik zu kurz komme. Die Katholische Kirche in Oberösterreich erlebe Anschober mit einer klaren Richtung, "aber dass sich da auch manches differenziert. In der Politik erlebe ich das auch nicht anders", so der Gesundheitsminister, der laut eigener Angabe aus der Kirche ausgetreten aber durch positive Erlebnisse wieder zurückgefunden habe. Unterschiedlichkeit empfinde Scheuer als "faszinierend, wo Vielfalt oder Anderssein als Reichtum, als gegenseitige Ergänzung gesehen werde". Kritisch betrachtete der Diözesanbischof jedoch Phänomene wie Gleichgültigkeit, "wo es nichts mehr gibt an Empathie".
Gebet beeinflusst Gehirn
Wie der Glaube an Gott das Gehirn beeinflusst und welche Prozesse er auslöst, geht der Artikel "Gott im Gehirn" nach. Der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger meint dazu: "Alles, was wir Menschen erleben und worüber wir nachdenken, besetzt bestimmte Bereiche in unserem Gehirn. Das gilt auch für religiöse Gedanken." was aber nicht bedeute, dass Gott "nur in unserem Gehirn vorhanden ist", stellte Rosenberger klar.
Die Hirnforschung spiele auch in die Theologie hinein, betonte der Religionswissenschaftler und Hirnforscher Michael Blume. Gleichzeitig sollte aber auch die Hirnforschung nicht vor dem Thema Religiosität zurückschrecken, "Gott ist keine Krankheit, sondern Teil der menschlichen Naturgeschichte". So gebe es u.a. Forschungsergebnisse, dass Gebet und Meditation die Gehirnareale für Emotion und Mitgefühl aktivieren können, informierte Rosenberger.
Kirchlicher Lesestoff als Ermutigung für Herbst
Das 76 Seiten starke "Grüß Gott!"-Magazin, das erstmals im September 2019 erschien, wird zweimal jährlich an etwa 700.000 Haushalte in Oberösterreich ausgeliefert. Es ermöglicht nach Angaben der Diözese Linz die Kontaktaufnahme mit den rund 940.000 Katholiken im Bundesland und darüber hinaus mit allen Bewohnern, deren Kontakt zur Kirche sich sehr unterschiedlich gestaltet. Medieninhaberin ist die Diözese Linz, die Umsetzung erfolgt mit dem "Red Bull Media House".
Mit dem Magazin wolle die Katholische Kirche in Oberösterreich auch in Zeiten der physischen Distanz nah bei den Menschen sein, erklärte Wilhelm Vieböck, Herausgeber des Magazins.
(Link: https://www.yumpu.com/kiosk/dioezese-linz)
Quelle: kathpress