Neuer Podcast über "Architekten" der Österreichischen Verfassung
Das Jüdische Museum Wien zeigt anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der österreichischen Bundesverfassung eine Ausstellung über Hans Kelsen und würdigt damit den "Architekten" des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG). Die Ausstellung trägt den Titel "Hans Kelsen und die Eleganz der österreichischen Bundesverfassung" und ist grundsätzlich bis 5. April 2021 zu sehen. Derzeit ist das Museum aufgrund des Lockdowns zwar geschlossen, Wissenswertes über die Ausstellung bzw. Hans Kelsen bietet dafür aber ein aktueller Podcast mit Ausstellungskuratorin Adina Seeger, der u.a. auf der Website der katholischen Kirche in Österreich (www.katholisch.at) abrufbar ist.
Für Kuratorin Seeger liegt die Eleganz der Verfassung vor allem in ihrer Schlichtheit und ihrem lakonischen Ton: "Sie ist überhaupt nicht überladen und bringt alles wunderbar auf den Punkt", so Seeger im Podcast. Kelsen wird gemeinhin als "Architekt" der österreichischen Bundesverfassung bezeichnet: "Die politischen Parteien waren die Bauherren und er hat als Architekt das umgesetzt, was die Politik gewünscht hat. Er gab unserer Verfassung jene Form, die wir heute kennen", so Seeger. Freilich: Kelsen sei nicht der einzige Autor der Verfassung gewesen: "Viele andere haben auch mitgewirkt, es gab viele Entwürfe aus den Bundesländern, die alle Einfluss auf den Entstehungsprozess hatten." Es sei ihr wichtig gewesen, so Kuratorin Seeger, dass es bei dieser Ausstellung nicht nur um Hans Kelsen gehen sollte, sondern auch um die Verfassung selbst geht.
1881 in Prag geboren, wuchs Kelsen in Wien in einer deutschsprachigen jüdischen Familie auf. Sein Vater, ein Lusterfabrikant, gestaltete unter anderem die Beleuchtung in Wiener Synagogen. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie wurde Kelsen von Staatskanzler Karl Renner mit der Arbeit an einer Bundesstaatsverfassung für die junge Republik beauftragt.
Renner kannte Kelsen damals schon seit einiger Zeit, erläuterte Seeger: "Ab 1916 war Kelsen Berater beim Kriegsminister und erlebte sehr intensiv das Ende der Monarchie mit. Er konnte in dieser Zeit viele Kontakte knüpfen, lernte Renner und viele andere politische Entscheidungsträger kennen. Das war sicher mit ein Grund dafür, dass Kelsen diesen Auftrag erhielt." Kelsen entwickelte das - später so bezeichnete - österreichische Modell der Verfassungsgerichtsbarkeit, das weltweit Nachahmung fand. Seeger: "Kelsen war, und deshalb wurde er von Rechts immer wieder angefeindet, ein dezidierter Verteidiger der Demokratie." Damals sei es alles andere als selbstverständlich gewesen, für die parlamentarische Demokratie einzutreten.
Bereits 1930 habe Kelsen - unter anderem wegen des antisemitischen Klimas - Wien verlassen und sei nach Köln gegangen. An der dortigen Universität konnte er allerdings nur bis zu Hitlers Machtergreifung 1933 bleiben. Es folgten Professuren in Genf und Prag, bevor Kelsen schließlich 1940 in die USA emigrierte. Seeger: "Er kommt dort mit seiner Familie als Flüchtling an, kann die Sprache gar nicht gut, muss dort fast von Null wieder beginnen." Bereits ab 1930 habe sich Kelsen wissenschaftlich umorientiert und auf Völkerrecht spezialisiert. Dass er sich gezwungenermaßen an einem für ihn völlig fremden Ort ein neues Leben aufbauen musste, habe Kelsen mit vielen geflohenen Jüdinnen und Juden gemeinsam.
Begleitend zur Ausstellung erdachte sich die Wiener Comic-Zeichnerin Pia Plankensteiner im Auftrag des Jüdischen Museums eine Geschichte, die um das Leben Kelsens und um die Entstehung und Entwicklung der österreichischen Verfassung kreist: "In Bild und Text erzählen Kelsens Lieblingsmehlspeisen - Baiser und Schwarzwälder Kirschtorte - aus Kelsens Leben, während eine Zigarre - Kelsen war leidenschaftlicher Zigarrenraucher - die rechtshistorischen und zeitgeschichtlichen Zusammenhänge erläutert".
Die Ausstellung "Hans Kelsen und die Eleganz der österreichischen Bundesverfassung" ist noch bis 5. April 2021 im Jüdischen Museum Wien zu sehen. Derzeit ist das Museum aufgrund des Lockdowns geschlossen, kann aber online unter www.jmw.at besucht werden. Dort ist auch ein Video über die Ausstellung zu sehen.
Die von der ökumenischen Radioagentur "Studio Omega" produzierte Podcasts sind u.a. auch auf www.studio-omega.at, auf https://studio-omega-der-podcast.simplecast.com sowie auf iTunes, allen Smartphone-Apps für Podcasts und auf Spotify abrufbar.
Quelle: kathpress