Ethikerin: Zahlen zu assistiertem Suizid in Schweiz "erschreckend"
Nach der Aufhebung des bisher geltenden Verbots der "Beihilfe am Selbstmord" durch den Verfassungsgerichtshof warnt das Wiener Bioethikinstitut IMABE mit Blick auf eine neue Statistik aus der Schweiz vor den Folgen. Die Daten aus der neu veröffentlichten jüngsten Todesursachenstatistik des Schweizer Statistikamts BFS seien "erschreckend", betonte IMABE-Geschäfsführerin Susanne Kummer am Dienstag in einer Aussendung. Demnach machte "Selbsttötung mit Hilfe von Dritten" als Todesursache 2018 bereits 1,8 Prozent aller Todesfälle in der Schweiz aus. Allein von 2017 auf 2018 stieg die Anzahl um 17 Prozent auf 1.176 Fälle. Im Vergleich zu 2010 "sehen wir, dass sich in nur acht Jahren die Fälle von Selbsttötungen in Kooperation mit Suizid-Hilfe-Vereinen verdreifacht haben", wies Kummer hin.
Die Ethikerin machte auf einen weiteren Aspekt der am Montag veröffentlichten Statistik aufmerksam. Während die Anzahl der Suizide in der Schweiz seit 2010 mit rund 1.000 Fällen weitgehend konstant geblieben ist, kommen mit der Beihilfe zur Selbsttötung noch weitere 1.000 Suizide hinzu. Kummer:
Leider bestätigt sich: Wo Beihilfe zum Suizid erlaubt wird, kommt es zu einer Vervielfachung. Suizid ist 'ansteckend', alleine in der Schweiz sehen wir dadurch eine Verdoppelung der Suizid-Fälle.
Eine US-Studie habe bereits 2015 gezeigt, dass durch die Legalisierung der Beihilfe zur Selbsttötung die Suizidrate insgesamt ansteigt, so die IMABE-Geschäfsführerin weiter. Frauen sind demnach gefährdeter als Männer, Menschen mit Krebs oder Multi-Morbiditäten ab 65 Jahren gefährdeter als Jüngere. In der Schweiz zählen auch Menschen mit Demenz und Depression zu den Suizidopfern. Soziale Isolation und Einsamkeit seien bekannt als Risikofaktoren für Suizide, so Kummer.
"In der Schweiz wächst der Druck auf Altersheime und Krankenhäuser, ihre Tore auch für sogenannte Suizidhelfer zu öffnen", sagte die Ethikerin. Die Grenzen zwischen dem Recht auf freie Selbstbestimmung, Druck von außen und Verleitung seien jedenfalls fließend, so die IMABE-Geschäfsführerin. Im Kanton Tessin hatte sich 2016 das Parlament klar ausgesprochen: Es gebe kein Recht auf Suizidhilfe in Gesundheitseinrichtungen, entschied die Mehrheit der Abgeordneten.
Insgesamt waren laut der staatlichen Todesursachenstatistik 2018 in der Schweiz 67.088 Personen gestorben. Dabei wurden 1.176 Fälle von assistiertem Suizid verzeichnet. Die Zahl der assistierten Suizide hat sich damit seit 2010 (352) mehr als verdreifacht. Allein von 2017 (1.009) auf 2018 stieg die Zahl um 17 Prozent. Von der Statistik erfasst sind nur Menschen, die zum Zeitpunkt ihres Todes in der Schweiz wohnhaft waren. Ausländer, die in die Schweiz fahren, um sich mittels Suizid-Hilfe-Vereinen das Leben zu nehmen, sind darin nicht enthalten.
Die größte und mit Abstand bekannteste Verein in der Schweiz ist der 1982 gegründete Verein "Exit" mit mehr als 100.000 Mitgliedern. Er richtet sich nur an Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Die zweite große Organisation ist "Dignitas", die auch Ausländer als Mitglieder hat.
Quelle: kathpress