Marketz: Kirchenkrise in Kärnten überdeckt, nicht übergangen
"Die Krise der Kirche in Kärnten wurde durch eine neue Krise abgelöst und zum Teil auch verdeckt" - deren Aufarbeitung geht laut dem seit einem Jahr im Amt befindlichen Gurker Bischof Josef Marketz aber trotz Corona voran. Er habe "mit einem sehr guten Team schon viele Reformen begonnen", es werde an einer Neustrukturierung des Bistums gearbeitet, an synodalen Strukturen, für die Weiterentwicklung der Seelsorge, an einer vertieften Zusammenarbeit der kirchlichen Zentralstellen und an mehr Mitverantwortung der Laien. "Aber selbstverständlich sind die Fragen rund um die Pandemie die größte Herausforderung", sagte Marketz im Interview der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" (Weihnachtsausgabe).
Er frage sich, was die Menschen gerade jetzt von einer Religionsgemeinschaft erwarten. Etwa bei Dienstleistungen habe die katholische Kirche viel zu bieten, freute sich der ehemalige Kärntner Caritasdirektor. Ihm gehe es aber auch um die "existenziell wichtige" Vertiefung des Glaubens. Denn Menschen, die glauben, würden widerstandsfähiger gegenüber Herausforderungen wie Corona, zeigte sich Marketz überzeugt. Gerade auch die Riten und Rituale der Weihnachtszeit gäben Struktur und Halt: "Der Mensch braucht ganz einfach einen strukturierten Tag und auch ein strukturiertes Jahr. Das ist gerade in Zeiten, da wir viele Beschränkungen auf uns nehmen müssen, besonders wichtig."
Dass Weihnachten, Ostern und andere kirchliche Feste immer stärker hinterfragt werden, mache ihm deshalb große Sorgen, bekannte der Bischof. Auch den Sonntag als Einkaufstag vorzusehen, statt diese Wochenunterbrechung beizubehalten "wäre eine große Sünde an uns Menschen". Er sei "ein großer Freund des Schenkens und beschenke andere sehr gerne", sagte Marketz. "Aber heuer sind die materiellen Geschenke irgendwo an dritter oder vierter Stelle." Es gelte sich heuer stärker darauf besinnen, was wir unserem Nächsten wirklich geben können: "Ob das Zeit ist, ob ein gutes Wort der Bestärkung. Ich glaube, dass es das ist, was die Menschen heute auch wollen und brauchen." Und das sei auch möglich, wenn physische Nähe unmöglich ist.
Zu Hoffnung auf die alte oder in eine neue Normalität nach Überwindung der Pandemie meinte der Bischof kritisch: "Es war ja nicht normal, was wir vor Corona erlebt haben. Denken Sie daran, was wir unserer Welt angetan haben." Auch in Bezug auf den Lebensstil gehe es um die Besinnung auf das Wesentliche: "Was tut mir gut, was der Familie, der Gesellschaft und der Welt?" Darin sehe er eine Chance in dieser Krise, so Marketz.
"Jesus selbst ist ein Geschenk"
In einem weiteren Weihnachtsinterview mit der Internetredaktion der Diözese Gurk-Klagenfurt gab Bischof Marketz Auskunft über seine schönsten Weihnachtserinnerungen zu Hause und in der weiten Welt. Bleibenden Eindruck haben bei ihm, wie er berichtete, die Weihnachtsfeiern in Indien und in Ecuador hinterlassen - mit sehr vielen Krippendarstellungen, aber ohne Christbaum.
Weihnachten schenke "vielleicht eine noch größere Sicherheit, dass es einen Gott gibt", sagte Marketz. Jesus selbst sei ein Geschenk für die Menschen gewesen, als Heiland und Erlöser, und in seiner Nachahmung könnten heutige Gläubige einander auch beschenken. Das rund 15-minütigen Gespräch ist über den YouTube-Kanal der Diözese Gurk bzw. www.kath-kirche-kaernten.at abrufbar.
Josef Marketz feiert heuer sein erstes Weihnachtsfest als geweihter Bischof von Gurk-Klagenfurt. Im Klagenfurter Dom leitet er am 24. Dezember um 24 Uhr die Christmette. Der Gottesdienst wird von den ORF-Regionalradios österreichweit live übertragen.
Quelle: kathpress