
KHM-Direktorin Sabine Haag: Wollte früher ins Kloster gehen
Als Spross einer überaus kunstinteressierten Vorarlberger Familie hat Sabine Haag, Direktorin des weltberühmten Kunsthistorischen Museums (KHM) in Wien, bereits als Teenager beschlossen, Kunstgeschichte zu studieren. Aber es gab, wie sie in einem ausführlichen, sehr persönlichen Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Ausgabe 21.01.2021) erzählte, auch alternative Ideen: In ihrer Familie habe auch der Glaube eine große Rolle gespielt; "es gab eine Zeit in meiner Jugend, da habe ich Thérèse von Lisieux unglaublich verehrt und mit dem Gedanken gespielt ins Kloster zu gehen", sagte Haag.
Diese Pläne hätten sich dann wieder zerschlagen. Aber sie sei nach wie vor "ein gläubiger Mensch", so die KHM-Direktorin. "Ich gehe zwar nicht regelmäßig am Sonntag in die Kirche, aber bei mir spielt der Gedanke, dass es ein Gottvertrauen gibt, eine wichtige Rolle."
Einen kunsthistorischen wie auch gläubigen Blick warf Haag in dem bei einem Spaziergang durch die Wiener Innenstadt geführten Interview auf den Wiener Stephansdom - für sie "buchstäblich das Zentrum von Wien". Von ihrem Großvater habe sie bei Besuchen in Wien mehrmals gehört: "Weißt du, uns gehört auch ein Stück vom Stephansdom." Damit habe er die Dachschindeln gemeint, die man als Beitrag zum Wiederaufbau des Doms nach dem Krieg erwerben konnte. Der Stephansdom sei für sie "ein spirituelles und ein religiöses Zentrum, ein Bauwerk, das nach wie vor einfach beeindruckend ist in seiner Dimension, in seiner Ausführung", sagte Haag. Und er sei auch "ein lebendiger Ort des Glaubens".
Ähnliches gelte für die Pestsäule am Graben, "eines der bedeutendsten barocken Monumente, die es in Wien gibt". Zu sehen sei in dem Ensemble u.a. der sehr gläubige Monarch und Auftraggeber Kaiser Leopold I., der die Säule 1679 anlässlich einer großen Pest errichten ließ. "Jetzt in der Pandemie kommen wie damals Menschen hierher, die Kerzen abstellen und wohl so manches Stoßgebet zum Himmel schicken", erklärte die Kunsthistorikerin.
Auch "Heilige Lanze" ist Schatz des KHM
1990 nahm Haag ihre Tätigkeit als Kuratorin in der Kunst- bzw. Kaiserliche Schatzkammer Wien auf, die ebenfalls zum KHM gehört. Über eines der besonders berühmten Exponate, die "Heilige Lanze", mit der der Überlieferung nach Jesus die Wunde am Kreuz zugefügt wurde, erklärte Haag, dieses älteste Stück der Reichskleinodien der Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war bei allen Krönungen am Altar dabei. Wie der unter der Manschette zu sehende Nagel vom Kreuz Christi sei die Lanze wissenschaftlich genau untersucht und in ihrer Historizität widerlegt worden ("Heilige Lanzen" gibt es auch im Petersdom in Rom, in der Schatzkammer der Krakauer Wawel-Kathedrale und im Museum der Kathedrale von Etschmiadsin, dem Zentrum der armenisch-apostolischen Kirche, Anm.).
Bis die Tore der Museen, für die Sabine Haag verantwortlich ist, nach dem Lockdown wieder öffnen können, dauert es ihr - wie sie sagte - "auf jeden Fall zu lange". Museen müssten geöffnet sein, Menschen sollten dort sein, wo die Museen sind. "Wir haben ausreichend Platz für die Besucher", versicherte Haag. "Aber natürlich tragen wir die Entscheidungen im Lockdown mit."
Quelle: kathpress