USA-Experte: Präsident Biden gläubiger und praktizierender Katholik
Mit dem Demokraten Joe Biden zieht ein gläubiger und praktizierender Katholik ins Weiße Haus ein. Das betont der Salzburger Religionswissenschaftler und stellvertretende Direktor des Salzburger Bildungswerks, Andreas Weiß, in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag". Biden stehe mit beiden Beinen in einer sehr fest verankerten Katholizität, die sich auch in einem regelmäßigen Messbesuch niederschlägt. "Bei Trump war es ein politischer symbolischer Messianismus, in den er sich selbst getaucht hat, bei Biden ist es eine Konstante in seinem Leben", so Weiß.
Biden habe nie ein großes Aufsehen darum gemacht, "aber während seiner gesamten politischen Laufbahn seinen katholischen Glauben praktisch sehr aktiv gelebt. Er hat auch nur sehr wenige Gottesdienste verpasst."
Trotzdem: Katholiken hätten Biden laut Nachwahl-Untersuchungen mit nur 52 zu 48 Prozent Trump vorgezogen. "Man sieht der religionspolitische Diskurs hat sich in den USA verändert", analysierte Weiß. So würden viele katholische Anhänger des abgewählten Präsidenten Trump Bidens Glauben wegen dessen Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen, "Homo-Ehe" und anderen kulturellen Streitthemen infrage stellen.
Knapp 28 Prozent der 330 Millionen US-Amerikaner seien "religiös nicht mehr gebunden", erläuterte Weiß. Das bedeute aber nicht, "dass diese nicht mehr gläubig sind, aber sie funktionieren in ihrem Wahlverhalten völlig anders als institutionell gebundene Christen. Da stehen die Demokraten Bidens auch vor einer Richtungsentscheidung".
Vor sechs Jahrzehnten zog mit John F. Kennedy der erste Katholik in das Weiße Haus ein, aber, so Weiß: "Kennedy war bemüht Religiosität und Politik voneinander zu trennen." Heute sei, so Weiß "die katholische Kirche in den USA fragmentiert, "sie polarisiert zwischen einem liberalen und einem konservativen Flügel". Zwischen diesen Richtungen befände sich der neue Präsident Biden zum Beispiel beim heiklen Thema Abtreibung. Eine Frage, die in den letzten Jahrzehnten zu einem Brennpunkt in der religionspolitischen Landschaft der USA geworden ist, so Weiß.
Papst und US-Präsident
Weiß verwies weiters auf Parallelen zwischen Biden und Papst Franziskus, beide hätten auch bereits miteinander telefoniert. Beide wollten sich bei den Themen Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammenspannen. Weiß: "Beim Klimawandel gibt es sicher frappierende Parallelen von Biden und Papst Franziskus. Es ist zu erwarten, dass Biden vor allem jene Entscheidungen, die Vorgänger Trump auch im Alleingang und vorschnell gemacht hat, also den Ausstieg aus der WHO, jenen aus dem Pariser Klimabündnis, sehr schnell rückgängig machen wird".
Und die ersten Personalentscheidungen Bidens zeigten, "dass er in Sachen Diversität die Regierungsämter vorantreiben wird. Das ist auch für die Katholiken in den USA etwas völlig Neues", so Weiß. Dazu passe auch eine Entscheidung von Papst Franziskus vom vergangenen Herbst. Mit Wilton Gregory sei der erste schwarze Erzbischof von Washington in den Rang eines Kardinals erhoben worden.
Weiß absolvierte einige Forschungsaufenthalte in den USA und ist Mitglied der "American Academy of Religion".
Quelle: kathpress