Schwarz: "Der Sonntag ist ein Geschenk des Christentums an die Welt"
Der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz hat einmal mehr die Notwendigkeit des arbeitsfreien Sonntags betont. Es brauche eine "synchronisierte Zeitstruktur", die es den Menschen ermöglicht, gemeinschaftlich zu handeln, soziale Beziehungen zu pflegen und für ein gutes Zusammenleben zu sorgen. Es gehe darum, "den kulturellen Rhythmus zwischen Arbeit und Ruhe um der Menschen willen zu erhalten und den Menschen eindeutig in den Mittelpunkt allen Wirtschaftens zu stellen", so Schwarz. "Der Sonntag ist ein Geschenk des Christentums an die Welt", betonte der kirchliche Sprecher der "Allianz für den freien Sonntag" in einem Interview mit der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" (Mittwoch).
Es würden viele Argumente vorgebracht, um den Sonn- und Feiertagsschutz auszuhöhlen, warnte der Bischof; etwa die alles verändernde Kommunikationstechnologie, das Freizeitverhalten, die Individualisierung von Mobilität und Flexibilität, wirtschaftliche Interessen und ökonomische Betrachtungsweisen, das Zurückdrängen der Religion ins Private oder die Steigerung der Wirtschaftsleistung. Auch die Menschen selbst seien im Druck der Leistungsgesellschaft zunehmend geneigt, "den tief in unsere Herzen und unsere Kultur eingeschriebenen Rhythmus aus Arbeit und Ruhe zu vernachlässigen".
Dem hielt der Bischof entgegen: "Der Sonntag ist ein Geschenk des Himmels. Dieser Tag ist die größte Kostbarkeit unseres Gottes, der möchte, dass wir leben und aufatmen, dass wir uns in Auferstehung einüben, um ihn dann in einer letzten Fülle für immer umarmen zu können."
Schwarz bezeichnete den freien Sonntag auch als eine Art "Tag der Heilung", der sich zugleich auch als ein Tag des "Protests gegen die Versklavung des Menschen und die Ausbeutung der Schöpfung" interpretieren lasse. Es gehe nicht bloß um ein Frei-Sein von Arbeit, sondern um ein Frei-Sein für die Menschen. "Eine Welt, die sich innerlich durch Aggression zerreißt, braucht jetzt prophetische Gegenzeichen, Frauen und Männer, die sagen: Leben heißt, da sein dürfen mit unserem Schöpfer und ihm Bedeutung geben in unserer Zeit."
Mit dem Sonntag beginne eine neue Woche, erläuterte der Bischof: "Aus dieser Sonntagsruhe heraus gehen wir an die Arbeit. Unser Verständnis sagt uns: Mensch, du darfst zuerst leben. Du musst nicht etwas leisten, damit du dich dann, wenn du erschöpft bist, ausruhen darfst. Du darfst da sein, weil du als Mensch so kostbar bist. Lebe zuerst einmal und dann wirst du etwas leisten."
Sonntag kein gewöhnlicher Arbeitstag
Zur Frage, was eigentlich dagegen spreche, am Sonntag nach der Messe einkaufen zu gehen, sagte Schwarz: "Für einen Einkaufstag an meinem freien Sonntag hat jemand anderer keinen freien Sonntag." Oft höre er, dass auch Sonntage für viele Menschen Arbeitstage sind; in systemerhaltenden Berufen oder in der Gastronomie. Die breite Allianz für den freien Sonntag kämpfe aber zumindest dafür, "dass dies kein gewöhnlicher Arbeitstag ist, dass es ein - auch arbeitsrechtlich - besonderer Tag bleibt".
Keine Blindheit für Gott in der Pandemie
Auf den in der Pandemie abnehmenden Gottesdienstbesuch angesprochen, zeigte sich der St. Pöltner Bischof optimistisch: "Die Corona-Pandemie hat uns als Menschheitsfamilie vor große Herausforderungen gestellt. Dass das Miteinander stark ist, dass Familien, Nachbarn, oft auch bislang Fremde sich um einander kümmern, da sind, das stimmt mich als Bischof voll Hoffnung und Zuversicht, dass die Menschen mit Jesus Christus in ihrer Mitte leben." Es sei auch eine Zeit, "wo es um die kleinen guten Taten im großen Ungewissen geht". Für jemanden ein Licht anzuzünden, sei "ein kleines Ritual, wenn das Herz für die großen Rituale vielleicht gerade Zeit braucht".
Der St. Pöltner Bischof zitierte Papst Benedikt XVI.: "Wer sich vom Nächsten abwendet, wird blind für Gott." Er sehe jedenfalls "keine Blindheit für Gott in der Corona-Pandemie, im Gegenteil. Wer am Krankenbett um das Leben eines lieben Menschen zittert, wer um sein eigenes Leben fürchtet, dem ist Gott unendlich nahe."
Schwarz will den Glauben der Menschen nicht allein aufgrund des Gottesdienstbesuchs bewerten. "Wir sind alle aufgerufen und eingeladen, von unserem Gott zu erzählen und zur Gemeinschaft mit und in Jesus Christus einzuladen. Jeder und jede von uns", so der Bischof wörtlich.
Quelle: kathpress