Multiartifizieller Kreuzweg im Stephansdom
Inmitten der Fastenzeit lädt der Wiener Stephansdom zu einer besonderen Kreuzwegandacht, bei der Kunstmalerei, Poesie und erlesene Orgelkunst zur Passion Jesu Christi verschmelzen. Im Mittelpunkt stehen die berühmten Kreuzwegbilder von Joseph Führich (1800-1876), die als weltweit bekannteste Darstellungen der traditionellen 14 Leidensstationen Christi gelten und z.B. vor zehn Jahren zum Karfreitagskreuzweg mit Papst Benedikt XVI. im Kolosseum in Rom präsent waren. Ergänzt werden die im Nazarener-Stil gemalten Bilder durch Orgelmusik von Johann Sebastian Bach, Betrachtungen des Kunsthistorikers und Führich-Kenners Bernhard Rittinger und Chormusik mit Texten des deutschen Priesters Peter Gerloff.
Joseph Führich, genannt der "Theologe mit dem Stift", stammte aus Böhmen und lebte ab 1838 bis zu seinem Tod in Wien. Im Auftrag von Kaiser Franz Joseph sollte er auch an der Innenausstattung des Stephansdoms arbeiten. Für die Kirche St. Johann Nepomuk in der Praterstraße in Wien-Leopoldstadt schuf Führich in den Jahren 1844 bis 1846 einen Zyklus von monumentalen Kreuzwegbildern, der zeitgerecht zur Weihe der Kirche im Oktober 1846 fertiggestellt war. Die heuer somit 175 Jahre alten Kunstwerke wurden mehr als 800 Mal kopiert - in der Erzdiözese Wien u.a. in den Pfarrkirchen Bad Vöslau, Münchendorf und Wilfersdorf.
Zu den Bildern, die im Sinne einer "Biblia pauperum" (die bildliche Darstellung biblischer Ereignisse) ausdrucksstark gestaltet sind, verfasste der 2000 verstorbene Kunsthistoriker Rittinger Betrachtungen, die in die jeweilige Bildkonzeption einführen und "zugleich anhand des im Bild festgehaltenen Geschehens zur Compassion, zum Mitleiden, anleiten", wie die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe) schrieb.
Zur Betrachtung der Malerei im Stephansdom wurden Bachs Variationen über den Passionschoral "Sei gegrüßet, Jesu gütig" ausgewählt, die zu den Meisterwerken in seinem Orgelschaffen zählen. Interpretieren wird sie der Kirchenmusiker Peter Tiefengraber im Zusammenklang der drei Orgeln des Stephansdoms. Die von Bach bearbeitete Melodie "Sei gegrüßet, Jesu gütig" war Grundlage für die Texte zu den 14 Kreuzwegstationen, die der auch als Autor und Komponist tätige Priester Peter Gerloff im Vorjahr auf Einladung der Diözese Eisenstadt verfasste.
Mitzuerleben ist diese künstlerisch vielseitige Annäherung an die Passion Christi am Freitag, 12. März, um 16.30 Uhr im Stephansdom unter der Leitung von Dompfarrer Toni Faber. "Radio klassik Stephansdom" überträgt live.
Quelle: kathpress