Sporschill: Ostern soll befreien, um mit Jugend weiterzugehen
In einem Osterbrief und einem Jahresbericht haben Mitte März Jesuitenpater Georg Sporschill und das Team von "Elijah" - so der Name des Roma-Hilfswerks, das Sporschill und die frühere Caritas-Jugendverantwortliche Ruth Zenkert initiierten - Bilanz über das Corona-Jahr in den sechs rumänischen Orten Hosman, Nou, Tichindeal, Nocrich, Marpod und Casol gezogen. "Wir haben ein Jahr voller Ereignisse dazugewonnen. Es ist das neunte Jahr seit der Gründung der Sozialen Werke ELIJAH in Transsilvanien. Unser Ziel, dorthin zu gehen, wo die Not am größten ist, überfordert naturgemäß. Im Einsatz mit und für verarmte Roma-Familien begegnen sich verschiedene Kulturen, die ganz Europa auf den Prüfstand stellen", resümiert Pater Sporschill.
"Elijah" mache den ganz praktischen Versuch des Zusammenlebens von Roma und Nicht-Roma in Gemeinschaften und Werken. Ostern 2021 "soll uns befreien von den Fesseln der Pandemie", hofft Sporschill.
Bis zum Sommer solle u.a. aus einem von der Gemeinde Marpod übergebenen großen Haus an der Hauptstraße ein Sozialzentrum mit dem Namen "Sokeres" ("Wie geht es dir?") entstehen. Gemeinsam baue man, damit es dann dort u.a. Toiletten, Bad, Herd, Ofen und ein Sprechzimmer für Eltern gebe. "Nur so können wir mit der Jugend einen Schritt weitergehen", zeigt sich der Vorarlberger optimistisch.
Mehr als 1.000 Lebensmittelpakete
Die COVID-Krise habe die Ärmsten besonders hart getroffen. Viele Väter hätten ihr schmales Einkommen als Taglöhner verloren. "Mit den ersten Beschränkungen im März blieb den meisten Familien der Zugang zu Nahrungsmitteln verwehrt. In Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern verteilte ELIJAH Hilfsgüter in fünf Gemeinden. Auch Freunde aus Österreich gaben Sachspenden. Über tausend Covid-Lebensmittelpakete brachten unsere Mitarbeiter zu hungernden Familien - mit Öl, Mehl, Reis, Nudeln, Bohnen, Kartoffeln, Brot, Eiern, Wurst, Fleisch, Konserven und Getränken. Auch Kleidung, Schuhe, Waschpulver, Shampoo, Seife, Masken und Einweghandschuhe
wurden ausgegeben. Gemeinsam mit den Vätern reparieren wir die Hütten oder errichten mit ihrer Hilfe wetterfeste Häuser", heißt es im Jahresbericht. In den kalten Monaten bekamen die Familien Brennholz, im Herbst jedes Kind eine Schultasche, Stifte, Hefte, Bücher und saubere Kleidung. In "Elijah"-Landwirtschaftsprojekten erlernten junge Roma Wege zur Selbstversorgung und fanden Arbeitsplätze. Im Zuge der Aktion "Sat Curat - Sauberes Dorf" sammelten Frauen Müll von den Straßen auf, "Schritt für Schritt wandeln sich die Dörfer", so das Team des Hilfswerks.
Ausbildung und Arbeitsplatz
Auf dem Bauhof in Marpod geht es um das Erlernen von Handwerk und um die Ausbildung in Gärten und Landwirtschaft; "Bauhof" stehe für Bauen und Bauernhof. "Er ist eine Einladung an unsere Lehrlinge, sich einzusetzen, ihre Welt neu aufzubauen. Tiere, Natur und Handwerk - das sind Bereiche, denen die Roma nahe sind und wo ELIJAH das Lernen mit ihnen beginnt. Jugendliche erhalten eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz. Ziel ist, ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben - mit einem Beruf, mit dem sie ihre Familie ernähren können", wird betont.
So sei vor knapp einem Jahr auf dem Bauhof eine neue Tischlerei eröffnet worden. Sie biete genug Platz für Maschinen, ein großes Holzlager sowie einen Lackier- und Trockenraum. Gemeinsam mit ihrem Meister übernehmen bis zu zehn Lehrlinge Instandhaltungs- und Reparaturaufgaben für alle "Elijah"-Einrichtungen. Für das neue Häuserbau-Projekt fertigen sie Möbel, Böden, Fenster und Türen. Auf dem Dach des Tischlereigebäudes ist eine Fotovoltaikanlage angebracht, die die Werkstätten und die angeschlossenen Häuser mit Strom versorgt.
Schulschließungen als Herausforderung
Die sechs Sozialzentren in den Orten Hosman, Nou, Tichindeal, Nocrich, Marpod und Casol seien die erste Anlaufstelle für Roma-Mütter und ihre Kinder. "Für sie haben wir einen sicheren, gewaltfreien Ort geschaffen - durch Wasser, Nahrung, Hygiene, Wärme und Beziehung. Erst wenn diese Bedürfnisse gestillt sind, können wir die Kinder spielerisch und mit Musik an Lernen und Schule heranführen", berichtet die Spenderinformation.
Während der Covid-bedingten Schulschließungen seien landesweit Kinder zuhause und sich selbst überlassen gewesen, ohne Tagesstruktur. Das "Elijah"-Team sah sich hier gefordert: Statt der täglichen Hausaufgabenbetreuung gab es eine Lernbegleitung in Kleingruppen. Mit Arbeitsblättern wurde Lernstoff wiederholt und vertieft, damit die Kinder den Anschluss nicht verlieren. "Der Großteil von ihnen bestand das Schuljahr", so die Bilanz. Alle Sozialzentren seien mit gebrauchten Laptops und Internetzugang ausgestattet worden, damit möglichst viele Schüler dem Online-Unterricht folgen konnten.
Besonders am Herzen liegt "Elijah" der Bereich Kinderschutz: "Mit über 100 Kindern haben wir in Workshops zu den Themen (Selbst-)Vertrauen, Gewalt und Covid-Schutzmaßnahmen gearbeitet. Sechzehn Pädagogen, Sozialarbeiter und Führungskräfte besuchten Fortbildungen zu den Themen Führung und Veränderung."
34 neue Familienhäuser
Eines der größeren Programme ist "Casa de piatra", die Errichtung von Familienhäuser für die Bedürftigsten. "Casa de piatra" heißt übersetzt "Ein Haus aus Stein".
Wie Ruth Zenkert, die seit zehn Jahren in der Romahilfe aktiv ist, erläutert, sei "Casa de piatra" auch der Wunsch, den man in Rumänien einem Hochzeitspaar mitgibt - Zusammenhalt in der Familie und eine feste Unterkunft. Ein Dach über dem Kopf sei die Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben, für Lernen und Arbeiten, für Freude und Hoffnung.
Die Gemeinden Nocrich, Nou und Marpod stellen den Baugrund zur Verfügung, sorgen für Wasser, Kanal und Strom. Die Voraussetzungen, ein Haus beziehen zu dürfen, sind, dass die Väter mitarbeiten und die Eltern ihre Kinder in die Schule schicken. Ein Lernprogramm unterstützt sie dabei. Einige Familien erhalten Material, die Väter bauen selbst.
Jedes Haus besteht aus einer Wohnküche, zwei Zimmern und einem Bad mit Dusche und WC. Die Fenster und Türen werden von den Tischlerlehrlingen auf dem Bauhof gefertigt. Seit Baubeginn wurden - mithilfe vieler großzügiger Freunde - insgesamt 34 Häuser errichtet.
Rumänische Jesuiten, orthodoxe Kirche arbeiten mit
Die Projekte von "Elijah" werden u.a. von den rumänischen Jesuiten und der orthodoxen Kirche tatkräftig unterstützt. "Über die Jesuitengemeinschaft rund um P. Jani Miklos SJ in Cluj sind fünf neue rumänische Volontäre zu uns gekommen. In Alba Iulia besuchte P. Georg den neuen katholischen Erzbischof Gergely Kovacs. Auch der orthodoxe Metropolit von Transsilvanien, Erzbischof Laurentiu Streza, unterstützt unser Projekt. Unsere besten Mitarbeiter gehören christlichen Freikirchen in Rumänien an. In Marpod haben wir eine neue Gemeinschaft gegründet, 'Le Chaim - Auf das Leben!' heißt sie, wie das Buch des Oberrabbiners Paul Chaim Eisenberg, der unser Werk mit Herz und Klezmermusik begleitet", berichtet das Team.
Pater Sporschill erinnert im Jahresbericht, dass "Elijah" das Zusammenleben aller Menschen in der Region anstrebe.: "Im Einsatz mit und für verarmte Roma-Familien begegnen sich verschiedene Kulturen, die ganz Europa auf den Prüfstand stellen. Wir machen den ganz praktischen Versuch des Zusammenlebens von Roma und Nicht-Roma in unseren Gemeinschaften und Werken. Dass die Uhren da und dort anders gehen, schneidet ins Fleisch. Es braucht viel Unterstützung, Lernen voneinander und Staunen über die Fremdheit. Viele Ideen lassen sich nicht verwirklichen. Bestgemeinte Versuche in der Erziehung und Sozialisierung scheitern. Oft erlebe ich unser biblisches Motto als ein Wunder und als Trost: Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt, heißt es im Talmud."
Informationen: www.elijah.ro
Spendenkonto/IBAN: AT66 1630 0001 3019 8724
Quelle: kathpress