Schönborn würdigt verstorbenen Journalisten Hugo Portisch
"Hugo Portisch war ein Meister im Verständlichmachen von geschichtlichen wie aktuellen Zusammenhängen." Mit diesen Worten hat Kardinal Christoph Schönborn den am Donnerstag im Alter von 94 Jahren verstorbenen Hugo Portisch gewürdigt. Portisch habe es verstanden, die komplexe Welt einfach und glaubwürdig zu erklären. In besonderer Weise hob Schönborn - der in der Bischofskonferenz für Medien zuständig ist - die TV-Serien "Österreich I" und "Österreich II" hervor, mit denen Portisch die jüngere Geschichte Österreichs aufgearbeitet und das österreichische Geschichtsbewusstsein geprägt hatte.
Erst im vergangenen Herbst wurde Portisch für sein journalistisches Lebenswerk mit dem "Hans-Ströbitzer-Preis" ausgezeichnet. Der Pressverein in der Diözese St. Pölten würdigte damit einen "Journalismus aus einem christlichen Weltbild heraus, kritisch, aber mit Respekt und stets auf die Würde des Menschen bedacht, nachhaltig wirksam, verantwortungsvoll und letztlich immer konstruktiv."
Für Portisch schloss sich mit dieser Ehrung ein Kreis, da er eine besondere Beziehung zu St. Pölten und zum Pressverein besaß: Er machte seine ersten journalistischen Gehversuche 1947 als Praktikant in der Wiener Redaktion der "St. Pöltner Zeitung", die vom Pressverein herausgegeben wurde. Deren Chefredakteur war sein Vater Emil Portisch, der nach seiner Flucht aus der Slowakei bei Verwandten in St. Pölten unterkam.
Heinz Nußbaumer, Herausgeber der "Furche" und langjähriger Freund Portischs, würdigte diesen bei der Überreichung des Ströbitzer-Preises als einen "Kompass für Wissen und Gewissen in unserem so oft als windig diskreditierten Beruf". Journalisten hätten einen Auftrag, "den es nicht ohne Verantwortung geben kann. Weil Pressefreiheit dort endet, wo sie in Narrenfreiheit entartet". Von Portisch habe er gelernt, so Nußbaumer, "dass wir Journalisten keine Mitspieler in Politik, Wirtschaft oder Kultur sind und sein sollen, auch keine Drehbuchautoren oder Regisseure des Geschehens, sondern nur Dienstleister am Bürger".
Portisch war u.a. Ehrenbürger von St. Pölten und Wien und Träger zahlreicher Auszeichnungen. Kirchlicherseits erhielt er etwa 1985 den Kardinal-Innitzer-Preis für wissenschaftlich fundierte Publizistik, 2019 wurde er mit dem Großen Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.
Journalist mit internationalem Profil
Portisch wurde am 19. Februar 1927 in Preßburg geboren, wo sein Vater Emil als Journalist tätig war. 1945 floh die Familie nach St. Pölten. Nach der Matura studierte Portisch in Wien zunächst Geschichte, Geografie, Anglistik, Germanistik und Philosophie, später Publizistik. Noch während des Studiums begann er 1947 mit seiner journalistischen Tätigkeit in Lokalzeitungen. 1948 wurde er außenpolitischer Redakteur der "Wiener Tageszeitung". 1950 absolvierte er einen sechsmonatigen Journalistenkurs in den USA und arbeitete bei verschiedenen Zeitungen. Im Oktober 1950 kehrte Portisch wieder nach Wien zur "Tageszeitung" zurück und übernahm die Ressortleitung für Außenpolitik.
1951 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert. Nach dem Ende der "Tageszeitung" arbeitete Portisch beim österreichischen Informationsdienst in New York. 1955 kehrte er nach Wien zurück, wo er zunächst außenpolitischer Redakteur des "Neuen Kurier" wurde. 1958 übernahm er die Chefredaktion des Blattes, von 1961 bis 1968 war er auch weltpolitischer Kommentator im Bayerischen Fernsehen. 1964 leitete Portisch zusammen mit parteiunabhängigen Zeitungen das "Rundfunkvolksbegehren", das erste Volksbegehren der Zweiten Republik, ein. 1967 verließ er den "Kurier", der zur auflagenstärksten Zeitung Österreichs aufgestiegen war, und wechselte als "Chefkommentator" zum reformierten ORF.
1971 und 1972 war Hugo Portisch Generalbevollmächtigter des "Kurier", nach dessen Übernahme ging er als Korrespondent für den "Kurier" und den ORF nach London. 1979 kehrte er nach Wien zurück und war als weltpolitischer Kommentator für den ORF tätig.
Seit den 1970er Jahren gestaltete Hugo Portisch, oft gemeinsam mit Sepp Riff, TV-Dokumentationen. Die größten Erfolge aus dieser gemeinsamen Arbeit sind die zeitgeschichtlichen Dokumentationen "Österreich I" und "Österreich II", in denen die Geschichte der Ersten und Zweiten Republik bis zur Ära Kreisky detailliert aufgearbeitet wurde. 1991 folgte eine ähnlich konzipierte Serie über die Entwicklung des kommunistischen Russland "Hört die Signale". Die zu diesen Reihen publizierten Bücher wurden sensationelle Erfolge. Im ORF präsentierte Portisch zahlreiche Dokumentationen, zudem publizierte er auch unzählige Bücher.
Nußbaumer: Ein "Geschenk an Österreich"
Heinz Nußbaumer, Herausgeber der "Furche" und langjähriger Freund Hugo Portischs, würdigte diesen an dessen Sterbetag, dem Gründonnerstag, als "Geschenk an Österreich". Der Verstorbene habe Millionen Österreichern die Geschichte des Landes nahegebracht, habe es "nach Europa geschickt" und ihm Weltoffenheit verliehen. Er kannte die Welt, und die Welt kannte ihn", so Nußbaumer über sein großes Vorbild.
Österreich sollte Hugo Portisch "das größte Denkmal setzen", zumindest aber eine unter seinem Namen firmierende Schule für Medienerziehung einricfhten. Portischs Verdienste um Generationen von Medienschaffenden seien enorm, die Prinzipien seiner journalistischen Arbeit zeitlose Leuchttürme: aus der Geschichte lernen, gegen Vorurteile vorgehen, zur Verantwortung anhalten. Immer habe Portisch im Sinne von "in dubio pro reo" Fairness gegenüber Beschuldigten gewahrt und nach dem Grundsatz "check - recheck - double check" journalistische Sorgfalt walten lassen.
In seinen letzten Lebensjahren sei Portisch zu einem stillen Zuhörer geworden, erzählte Nußbaumer. Mit seinem körperlichen Kräfteverlust und dem Verlust seiner vor zwei Jahren verstorbenen Ehefrau Gertraude sei er auf bewundernswerte Weise umgegangen. Mit Hugo Portisch habe er einen Menschen verloren, der ihn nachhaltig prägten, schloss der katholische Publizist.
Quelle: kathpress