Stephansdom: Neue ORF III-Doku über "Akte Wiederaufbau"
Erst durch den Wiederaufbau des Stephansdoms nach der Brandkatastrophe in den letzten Kriegstagen wurde dieser zu einem nationalen Symbol und die kollektive Kraftanstrengung hing mehrfach an seidenen Fäden. Das macht eine neue Dokumentation mit dem Titel "Akte Wiederaufbau. Das Drama von St. Stephan" deutlich, die am Ostermontag erstmals in ORF III gesendet wurde. Der bereits achte Teil der ORF-III-Dokumentarreihe rund um den "Steffl" zeigt, dass die Rekonstruktion nach der Zerstörung im April 1945 keine Selbstverständlichkeit war: Die gotische Statik war durch das Fehlen des abgebrannten Dachstuhls schwer aus dem Gleichgewicht und der Dom akut einsturzgefährdet. Zudem erschwerte der Mangel an Material, finanziellen und technischen Mittel die Lage massiv.
Es war der Grundsatzentscheidung des Wiener Erzbischofs, Kardinal Theodor Innitzer, den Dom trotz aller Widrigkeiten zum Trotz wieder aufzubauen, zu verdanken, dass rasch die nötigen Entscheidungen getroffen wurden. Dazu zählte die Beauftragung von Bruno Buchwieser, den entstandenen Schaden zu erheben und einen Plan zu Sicherung der Bausubstanz und zur Wiederrichtung der gotischen Kathedrale zu entwickeln. Kongenialer Partner des Baumeisters war dabei der Statiker Karl Koncki.
Ein halbes Jahr lang kämpfte der Bautrupp gegen den fortschreitenden Einsturz des Doms: Die beschädigten Innenpfeiler hielten dem Druck kaum mehr Stand und der Bauschutt im Kirchenschiff drohte in die Katakomben durchzubrechen. Die rettende Idee des Duos Buchwieser-Koncki: Möglichst rasch sollte eine Stahlbetondecke den neuen Dachboden bilden, auf den der Dachstuhl als Stahlkonstruktion aufgesetzt werden sollte. Damit sollte der darunterliegende Innenraum des Doms geschützt und gleichzeitig die Statik des mittelalterlichen Baus erhalten werden, was schließlich auch gelang. Stahlbetondecke und Stahldachstuhl seien laut Dombaumeister Wolfgang Zehetner so gesehen der "Beitrag des 20. Jahrhunderts" an der Baugeschichte des Stephansdom gewesen, die mit einem romanischen Kirchenbau 1230 begann.
Erschwerend für alle Maßnahmen war nicht nur die Alliierte Besetzung Österreichs in der Nachkriegszeit - Wien selbst war in vier Besatzungszonen aufgeteilt -, sondern der Mangel an Geld, Baumaterial, Gerätschaft, Transportmittel und Arbeitskräften. Zwar konnte im Dezember 1948 nach Fertigstellung des Stahlbetondachbodens und des Dachstuhls das Langhaus der Kirche wieder für den Gottesdienst geöffnet werden, aber damit waren auch alle Geld- und Sachspenden im Umfang von 9 Millionen Schilling aufgebraucht. Als man im Herbst 1949 mit der Deckung des Daches begann, war die Spendenbereitschaft allgemein erlahmt und die nötigen Dachziegel noch lange nicht ausfinanziert, ganz zu schweigen von der Innenausstattung der Domkirche.
In dieser Situation spielte der 1948 zum Dompfarrer ernannte Karl Raphael Dorr eine entscheidende Rolle als Motivator und Spendensammler. Seine "Betteltour" zu allen österreichischen Landeshauptleuten führte dazu, dass sich jedes Bundesland mit einem eigenen Beitrag am Wiederaufbau des Stephansdoms beteiligte. "In diesem Dom ist Österreich zu Hause", resümierte Kardinal Christoph Schönborn daher in der Dokumentation.
Der Film ist eine Koproduktion von ORF III und embfilm, gefördert von Filmfonds Wien, VAM und dem Land Tirol in Zusammenarbeit mit "Unser Stephansdom", dem Verein zur Erhaltung des Stephansdoms. Regie führten Manfred Corrine und Wolfgang Niedermair.
Quelle: kathpress