Theologe: Pfarren sollten häufiger über den eigenen Tellerrand blicken
Pfarren sollten häufiger über den eigenen Tellerrand hinaus blicken, um sich anhand von "best practise"-Beispielen besser auf die Herausforderungen der Seelsorge in und nach der Corona-Pandemie einzustellen. Das hat der Wiener Pastoraltheologe Prof. Johann Pock im Interview mit dem Salzburger "Rupertusblatt" betont (aktuelle Ausgabe). Es gehe darum, mehr "Freiräume" zu schaffen und zu nutzen, über Aufgabenverteilungen in den Gemeinden nachzudenken, Jugendliche verstärkt einzubinden und von anderen Einrichtungen, Personen und Konfessionen zu lernen. Dabei gelte es, das "absolute 'Killerwort' für Veränderung" zu umschiffen: "Das war schon immer so."
Pock äußerte sich im Vorfeld des österreichweiten Pfarrgemeinderats-Kongresses, der heuer in Form von vier Online-Foren am 12., 20. und 28. April sowie am 6. Mai stattfindet. Der Kongress dient zugleich der Vorbereitung auf die für März 2022 angesetzten österreichweiten Pfarrgemeinderatswahlen. Pock ist einer der Referenten des dritten Online-Forums am 28. April. Sein Impulsvortrag wird sich um die Frage drehen: "Wie nutzen wir Freiräume?"
Im Interview mit dem "Rupertusblatt" unterstrich Pock diesbezüglich, dass es bereits viele Freiräume gäbe - etwa auch in Form von Kooperationsmöglichkeiten über die jeweiligen Pfarrgrenzen hinweg oder in Form digitaler Medien. Diese Möglichkeiten müssten konsequent genutzt und professionalisiert werden. "Wer hätte vor einem Jahr etwa gedacht, wie viel an Seelsorge über das Internet möglich ist?" Lernen könne man außerdem etwa von der Ritualforschung, die aufzeige, wie wichtig den Menschen gerade in Krisenzeiten qualitätsvolle Rituale seien. Hier habe die Kirche einen "reichen Erfahrungsschatz", insbesondere an den Grenzen des Lebens. "Und genau da wurde es in der Pandemie notwendig, Neues zu entwickeln. Zum Teil mit Online-Angeboten, zum Teil mit 'Ritualen to go' - also mit Anleitungen, wie man selbst kleine Feiern gestaltet."
Kirche müsse daher ein "Bewusstsein einer 'Kirche an neuen Orten'" entwickeln und begreifen, dass Seelsorge und religiöses Leben nicht nur in den Pfarren stattfinde, sondern an allen Orten möglich sei, an denen Christen arbeiten und leben. "Es braucht ein Verständnis von Kirche, die mit zwei Lungen atmet: der Versammlung - aber auch der Sendung nach außen: Kirche ist kein Selbstzweck - sie steht im Dienst der Verkündigung", so Pock abschließend.
Seit mehr als einem halben Jahrhundert werden in Österreich als Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils Pfarrgemeinderäte und -rätinnen direkt gewählt. Alle fünf Jahre haben damit rund 4,5 Millionen wahlberechtigte Katholiken die Möglichkeit, eine Funktion in ihrer Pfarrgemeinde zu übernehmen oder mit ihrer Stimme den Kandidatinnen und Kandidaten das Vertrauen auszusprechen. Rund 28.000 Personen stellen sich dieser Verantwortung. Das nächste Mal ist es am 20. März 2022 wieder so weit. (Info: www.pfarrgemeinderat.at)
Quelle: kathpress