Neue Armutszahlen: Landau warnt vor "Ruhe vor dem Sturm"
Neue Zahlen über die Armutsentwicklung machen der Caritas Sorgen. Dabei steht die am Donnerstag veröffentlichte EU-SILC Statistik (Statistics on Income and Living Conditions) über Einkommen und Lebensbedingungen von Privathaushalten nach Einschätzung von Präsident Michael Landau für "die Ruhe vor dem Sturm". Wie sich die dramatischen Einkommenseinbußen durch Rekordarbeitslosigkeit und Kurzarbeit auf die Armutsgefährdung auswirkt, werde erst in den Armutszahlen der kommenden Jahre Niederschlag finden, befürchtet Landau. Dass 233.000 Menschen in Österreich manifest arm und auch 291.000 Kinder- und Jugendliche armutsgefährdet sind, sei keinesfalls hinzunehmen und "ein dringender Handlungsauftrag für die Regierung".
Laut den EU-SILC Zahlen 2020 lag die Zahl der Armutsgefährdeten im Land mit 13,9 Prozent in Österreich auf einem ähnlich hohen Niveau wie 2019 - und dies betreffe den Ist-Zustand der Vor-Corona-Zeit, wie Landau hinwies. "Ich möchte die Bundesregierung an das selbst gesteckte Ziel erinnern, die Zahl der armutsgefährdeten Menschen zu halbieren", forderte der Caritas-Präsident dafür "absolute Priorität" ein. Jeder vierte von Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung Betroffene sei ein Kind. Und durch die Pandemie habe sich die Situation gerade für sie nochmals verschärft.
Was die amtliche Statistik noch nicht berücksichtigt, spüre die Caritas bereits jetzt in ihren Einrichtungen, so Landau. Bei vielen häuften sich derzeit die Probleme: "Aus den Sozialberatungsstellen wissen wir, dass Erspartes bei vielen längst aufgebraucht ist und gleichzeitig die Miet- und Stromrückstände stark ansteigen." Dass immer mehr Anfragen auch für Lebensmittel bei der Caritas einlangen, ist für Landau "ein alarmierendes Signal".
Sozialstaat stärken, Mängel beheben
Die Daten seien aber auch erneut ein Beleg dafür, dass der Sozialstaat eine stark schützende Funktion hat. Landau: "Wir sehen einmal mehr, wie wichtig es ist, gut ausgebaute Unterstützungsleistungen zu haben. Laut EU-SILC 2020 konnte die Armutsgefährdung durch Pensions- und Sozialleistungen von 42 auf 14 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig haben wir im letzten Jahr aber auch gesehen, dass zusätzliche Einmalzahlungen und Maßnahmen wie der Härtefallfonds notwendig waren, um ein Abrutschen in Armut langfristig zu verhindern."
Der Caritas-Präsident erneuert seinen Appell, alle Versicherungs- und Sozialleistungen auf ihre Armutsfestigkeit hin zu überprüfen: "Das duldet keinen Aufschub. Durch die anhaltende Rekordarbeitslosigkeit fehlt vielen Menschen die Perspektive auf Arbeit und baldige Besserung ihrer Einkommenssituation." Gefordert sei eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf ein existenzsicherndes Niveau bei gleichzeitiger Beibehaltung der Notstandshilfe. Zusätzlich erweise sich die Abschaffung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung durch die ÖVP-FPÖ-Regierung in der Pandemie als schwerer Fehler, wiederholte Landau seine mehrfach geäußerte Kritik. Außerdem gelte es jetzt über Formen der Kindergrundsicherung nachdenken, die für jedes Kind ein Leben ohne Armut sicherstellen. Dafür brauche es dringend die Kinderkostenstudie, um sozial- und familienpolitische Leistungen an aktuelle Werte anzupassen.
Quelle: Kathpress