OÖ: Weiterhin Caritas-Kritik an unzureichender Sozialhilfe
Die Caritas-Kritik an der unzureichend ausgestatteten Sozialhilfe in Österreich hält an: In den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Mittwoch) wies der Linzer Caritasdirektor Franz Kehrer in einem Gastkommentar auf zu behebende Mängel hin. Notwendig sei gerade angesichts der Corona-bedingten Notlagen die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und die Beendigung der Praxis, die Wohnbeihilfe als Einkommen anzurechnen.
Caritas-Vertreter hatten in den vergangenen Monaten immer wieder auf die Überarbeitung der Sozialhilfe neu und eine Wiedereinführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gepocht.
Kehrer illustrierte diese Anliegen anhand der Probleme, mit denen sich Frau F. an eine Caritas-Sozialberatungsstelle gewandt habe: Die 55-Jährige alleinstehende frühere Taxifahrerin habe schon vor der Pandemie nur rund 900 Euro für 35 Wochenstunden verdient, sei aber wegen des Trinkgelds "halbwegs über die Runden" gekommen. Nach dem Jobverlust infolge der Corona-Krise bekam sie 570 Euro Arbeitslosengeld, dazu Wohnbeihilfe in der Höhe von 166 Euro. Frau F.s Wohnkosten betragen allerdings 560 Euro, wie Kehrer darlegte.
Die unter Existenzsorgen Leidende beantragte eine Aufzahlung aus der Sozialhilfe. "Das ist möglich, wenn man weniger Einkommen hat, als die Höhe der Sozialhilfe wäre", wie der oberösterreichische Caritasdirektor erklärte. Allerdings werde davon noch die Wohnbeihilfe abgezogen. Unterm Strich müsse die Betroffene jetzt von 949 Euro leben. In der Taxibranche sehe es nach wie vor schlecht mit einer Neuanstellung aus. Die Caritas helfe beim Einkauf von Lebensmitteln leisten und habe beim Stromanbieter erwirkt, dass die Jahresabrechnung erlassen wurde.
"Die Geschichte von Frau F. ist ein Beispiel von vielen in dieser Krise", schrieb Kehrer. Es zeige sich, wie sehr Menschen derzeit trotz Hilfen des Sozialstaates zu kämpfen haben. Gerade für davor schon Geringverdienende sei es eine "Katastrophe", bei Arbeitslosigkeit mit nur noch 55 Prozent des Verdienstes auskommen zu müssen. Menschen, die nach der Krise schwer einen Job finden, bräuchten ein sicheres Auffangnetz.
Die unter Türkis-blau eingeführte Sozialhilfe neu, die in Oberösterreich seit einigen Monaten umgesetzt wird, hat laut Caritas Armutslagen verschärft. Viele Familien würden bis zu 300 Euro weniger im Monat bekommen. "Dabei verstärken die jährlich stark steigenden Mietpreise die gegenwärtig ohnehin größer werdenden Armutsfallen", gab Kehrer zu bedenken. Selbstverständlich müssten auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gesetzt werden, damit Menschen wie Frau F. einen Job finden, von dem sie gut leben können. "Doch daneben braucht es eben auch sozialpolitische Maßnahmen, die verhindern, dass Menschen überhaupt so tief in Armut und Verzweiflung gestürzt werden."
Quelle: kathpress