Medienethiker Filipovic: Qualitätsjournalismus stärkt Vertrauen
Für die gezielte Nutzung von Qualitätsjournalismus macht sich der Medienethiker Alexander Filipovic stark. Trotz aller digitalen Angebote sollte eine Zeitung abonniert und Radiosendungen gehört werden. Denn durch die tägliche "Grundversorgung mit guten und richtigen Informationen" könnten das Vertrauen in Medien wieder hergestellt und Fakten von unrichtigen "Fake News" unterschieden werden. Medienethik betreffe jeden Menschen, betonte der Professor für Christliche Sozialethik an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät. "Wir sind aufgerufen, die Verantwortung als Nutzerinnen und Nutzer wahrzunehmen und unseren eigenen Mediengebrauch zu reflektieren", sagte Filipovic im Gespräch mit Kathpress anlässlich des bevorstehenden Welttags der sozialen Kommunikationsmittel (16. Mai).
Es sei Teil der Medienkompetenz, Wertentscheidungen und moralische Perspektiven zu berücksichtigen und sich der eigenen Vorbildwirkung bewusst zu sein: "Wie Eltern ihre Medien nutzen, färbt auf die Kinder ab. Diese Vorbildfunktion zeigt uns sehr deutlich, wie wichtig es ist, den eigenen Mediengebrauch verantwortlich zu gestalten", meinte Filipovic. Immer mehr Menschen rezipieren nur noch kleine News-Schnipsel über Social Media, Messenger und News-Apps. Das genüge nicht für eine gute und richtige Teilnahme an öffentlicher Kommunikation.
Kreativerer Umgang
Aufholbedarf ortete Filipovic beim kirchlichen Engagement auf Social-Media-Plattformen. Andere Organisationen und Unternehmen würden in diesem Bereich bereits mit guten Umsetzungen ihrer "frohen Botschaft" herausstechen. "Die Christinnen und Christen haben 'die' frohe Botschaft. Warum gehen wir damit nicht offensiver und kreativer um?", fragte der Medienethiker.
Darüber hinaus müsse man heutzutage digitale Kommunikation und Erfahrungen im realen Leben zusammendenken: "Die Kirche mit Gottesdienst, Gemeindearbeit, Begegnungen an den vielen verschiedenen Orten ist wirklich wichtig für diesen Faktor der unmittelbaren Erfahrung: Menschen zu treffen, hinzugehen, zuzuhören, sich zu berühren und sich auch in einem übertragenen Sinne vor Ort ansprechen zu lassen von der unmittelbaren Existenz des Anderen" - das alles werde weiterhin wichtig bleiben, ist Filipovic überzeugt. "Da ist ein großer Schatz des kirchlichen Lebens. Aber wir, die Gemeinden, Diözesen, die nationalen Bischofskonferenzen und die Weltkirche, können heutzutage natürlich nicht darauf verzichten, das, was die frohe Botschaft ist, auch über die digitalen Kanäle zu verteilen und zu kommunizieren."
Nach dem Motto "das eine tun, das andere nicht lassen und versuchen, Verbindungen herzustellen", sollten Lernerfahrungen aus Begegnungen in Social Media in die Arbeit vor Ort mitgenommen werden, riet der Medienethiker. Umgekehrt sei es sinnvoll, etwas aus leibhaftigen Begegnungen mitzunehmen und in die Social-Media-Kanäle zu übertragen.
Ein gutes Beispiel dafür komme vom Jesuitenorden: Das Pilgern als reale, körperliche Erfahrung zu übertragen in ein Social-Media-Konzept (www.canisius.world und App). Filipovic wünscht sich, "dass es da viel mehr Kreativität gibt in der Verbindung dieser beiden Dimensionen des kirchlichen Lebens. Da sind die Orden, Kirchen, Gemeinden und Diözesen noch hilflos." Das habe Papst Franziskus mit seiner diesjährigen Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel vorgelebt: Er unterscheide nicht mehr zwischen Online- und Offline-Journalismus. Die digitalen Kanäle betrachte der Papst als ganz selbstverständliche Mittel und Möglichkeiten von Kommunikation.
Die Schuhsohlen ablaufen
Mit dem Hervorheben des Erfahrungsbezuges mache Franziskus dennoch deutlich, wo die Unterschiede zwischen einer digitalen und einer "analogen" Erfahrung liegen. "Wenn wir uns direkt mit einem Menschen treffen, machen wir eine intensivere, direktere Erfahrung. Wir hören nicht nur das Wort, wir sehen auch den Menschen sprechen." Das sei bei den ersten Begegnungen von Jesus mit den Jüngern zentral gewesen. Er habe gesagt: Kommt und seht, wie ich lebe. Erst dadurch sei Glaube entstanden. "Papst Franziskus entgrenzt das und sagt: Dadurch entsteht erst Wahrheit, Richtigkeit", wies Filipovic hin. Die aktuelle Papstbotschaft sei ein Aufruf an alle Medienakteure, nicht aus dem Büro heraus mit den wunderbaren Hilfsmitteln des Internets über die Welt zu berichten, sondern "an die Ränder" zu gehen. Filipovic: "Da müssen wir schon aufstehen, uns 'die Schuhsohlen ablaufen', wie er sagt, und schauen: Wie leben die Obdachlosen, wie leben die Menschen in den Außenbezirken, wo die Corona-Zahlen viel höher sind als woanders?"
Der deutliche Fokus dieser Botschaft auf den Journalismus ist für Filipovic entscheidend. "Es werden auch die Probleme angesprochen, die der Journalismus hat, zum Beispiel Unterfinanzierung in einigen Bereichen. Wir brauchen unbedingt richtige, gute und schnelle Informationen über die Problemlagen unserer Welt." Das werde während der Pandemie, anhand anderer Krisen und in den normalen Zeiten demokratischer Gestaltung deutlich. Die päpstlichen Medienbotschaften sieht Filipovic als wichtigen Anstoß zur Reflexion über die Bedeutung der Medien für demokratische Gesellschaften und die globalen Probleme.
Quelle: kathpress