Theologin: Heimat-Begriff gegen politische Engführung verteidigen
Für eine theologische, "weite und humane" Verteidigung des Heimat-Begriffs und damit gegen politische "Verengungen und Verschließungen" hat sich die Grazer Theologin Gunda Werner ausgesprochen. Die Sehnsucht nach Heimat sei eine aktuelle und reale - zugleich aber dürfe man Heimat nicht "verharmlosen" und ebensowenig "rechter Tümelei" wie "spiritueller Weichzeichnerei" überlassen. Heimat sei vielmehr "ein politischer und ethischer Verantwortungsbegriff" und insofern "eine stolprige Angelegenheit", sagte Werner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress (Donnerstag).
Die Theologin äußerte sich aus Anlass eines von ihr initiierten Kongresses am vergangenen Wochenende an der Universität Graz. Der "5. Kongress Kommunikative Theologie" stand unter dem Titel "Moving Home. Heimat im Europa der Gegenwart" und versammelte internationale Expertinnen und Experten zu einem dreitägigen Online-Austausch - darunter der Tübinger Theologe Ottmar Fuchs, die Bibelwissenschaftlerin Rita Perintfalvi, der Moraltheologe Gunter Prüller-Jagenteufel, die evangelische Religionswissenschaftlerin Viola Raheb und der Grazer Theologie-Dekan Christoph Heil.
Angesichts aktueller politischer Krisenherde, die Heimatlosigkeit für viele Menschen auf der Flucht zur Realität werden lassen, müsse die Theologie die Vielschichtigkeit des Heimatbegriffs neu ins Bewusstsein heben, sagte Werner: "Theologie kann die Erinnerung daran einbringen, dass Heimatlosigkeit nichts Ungewöhnliches ist, gleichwohl immer eine Katastrophe. Dass sie unverschuldet ist und zugleich schuldig macht dort, wo die Heimatlosen nicht aufgenommen werden. Dass es eine Solidarität gibt unter den Menschen, die tiefer geht: die grundlegende Vulnerabilität und die grundlegende Möglichkeit, jederzeit heimatlos zu werden - im Land, in der Politik, in der Familie, im Glauben, in der Kirche."
Die Theologie dürfe den Heimatbegriff daher auch nicht vorschnell "spirituell auf Gott und die Ewigkeit" hin aufheben; vielmehr würden auch innerkirchliche Erfahrungen von Heimatlosigkeit - etwa dort, wo Menschen in Gottesdiensten ausgeschlossen werden und so Erfahrungen von Heimatlosigkeit auch in der Kirche machen - deutlich machen, dass Heimat "ein ethischer Handlungsbegriff" sei und den Appell enthält, den Heimatlosen Heimat zu bieten, "die Fremden aufzunehmen und zu schützen". Insofern sei "dieses alte Wort Heimat theologisch-politisch", so die Theologin.
Quelle: kathpress