P. Helm: Fundamentaler Wandel des katholischen Missionsverständnisses
Entsetzt und tief betroffen über die Funde von bis zu tausend Kinderleichen bei kanadischen Kinderheimen hat sich der Steyler Missionar P. Franz Helm gezeigt. Dies sei schrecklich und zutiefst beschämend für die christliche Mission, so Helm im interview in der ORF-Religionssendung "Orientierung" am Wochenende. Dass es überhaupt zu solchen unfassbaren Verbrechen in den auch kirchlichen Kinderheimen kommen konnte, führte Helm u.a. auf fehlende Kontrollmechanismen in der katholischen Kirche zurück.
In den vergangenen Wochen hatten indigene Gemeinschaften den Fund von Überresten von fast tausend Kinderleichen aus indigenen Familien nahe ehemaliger Umerziehungsheime gemeldet. Zwischen den 1830er-Jahren und 1998 waren schätzungsweise rund 150.000 indigene Kinder - oft zwangsweise - in kanadischen Umerziehungsheimen untergebracht. Etliche dieser 139 Heime wurden von der Kirche betrieben. Dort sollten die Kinder im Auftrag des Staates an die "christliche Zivilisation" herangeführt werden. Oft durften sie ihre Muttersprache nicht sprechen; viele von ihnen wurden misshandelt oder missbraucht.
Dass die Kirche grundsätzlich gerne bereit war, solche Heime zu führen, erklärte Helm mit dem früheren Missionsverständnis, "wonach jeder, der nicht katholisch getauft war, in die Hölle kommt und in den Heimen wurden die Kinder getauft, was ihr Seelenheil bewirkte". Inzwischen sei der katholische Missionsbegriff jedoch ein anderer: "Es geht nicht mehr nur um das ewige Leben, sondern auch um das gute Leben aller hier auf Erden, um das ganze Heil des Menschen".
Zudem geschehe Mission heute auf der Basis der Religionsfreiheit. Jeder Mensch sei frei in seiner Entscheidung, welcher Religion er angehören wolle oder auch nicht. "Ziel ist nicht, dass der andere meine Religion annimmt, sondern dass wir alle Gott näherkommen", so P. Helm. Katholische Mission heute bedeute zudem "Einsatz für mehr Gerechtigkeit, Friede und die Bewahrung der Schöpfung".
Quelle: kathpress