Frauenbewegung: Geschlechter- und Klimagerechtigkeit im Fokus
Unter dem Generalthema "Corona als Prüfstein für Geschlechtergerechtigkeit und Systemwandel" steht die diesjährige Sommerstudientagung der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö). Geschlechtergleichstellung und Klimagerechtigkeit seien für die Frauenbewegung unabdingbare Voraussetzungen für ein "gutes Leben für alle", das es nach Corona entschiedener denn je anzustreben gilt, so kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl im Vorfeld der Tagung in einer Aussendung: "Wir können nicht einfach zurück zu dem, was 'vor Corona' war." Auf der Grundlage feministischer Theologien und einer feministischen Ökonomie fordere die Frauenbewegung "eine radikale Kehrtwende sowohl im Blick auf Geschlechterzuschreibungen als auch was den Umgang mit der Natur angeht".
Bei der internen, nicht-öffentlichen Online-Tagung am 20. Juli kommen u.a. die Ökonomin Katharina Mader, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für heterodoxe Ökonomie der Universität Wien sowie Referentin in der Frauenabteilung der Arbeiterkammer, und die Theologin Aurica Jax, Leiterin der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, zu Wort.
Die Frauenbewegung veröffentlichte am Montag in einer Aussendung bereits einige Kernaussagen der Referentinnen. Corona habe dazu geführt, dass unbezahlte Sorge-Arbeit von Frauen "extrem gestiegen" sei, so Katharina Mader. Die Pandemie habe Frauen mehrfach betroffen: "Frauen haben Erwerbsarbeit verloren oder wegen anstehender Betreuungsaufgaben reduziert und haben damit Einbußen bei der Existenzsicherung erlitten."
Zudem seien Frauen vor allem in "systemrelevanten" Berufen tätig, "die niedrig entlohnt sind und schlechte Arbeitsbedingungen aufweisen". Und dafür seien sie lediglich beklatscht worden, kritisiert Mader. Viele Frauen seien auch im Erwerbsleben "unsichtbar" geworden: "Sie waren wegen Kinderbetreuung die, die nicht jede Videokonferenz mitmachen konnten, die nicht zuerst im Büro zurück waren." Corona sei ein "reality-check" für die Bewertung und die Verteilung von Arbeit zwischen den Geschlechtern gewesen, so Mader.
Jetzt gelte es, massiv zu investieren in ein "gutes Leben für alle": Klassisch feministische Forderungen seien relevanter denn je, so die Ökonomin: "Gleichstellungs- und Frauenpolitik dürfen keine Luxusmaterie sein, sondern müssen als Querschnittsmaterie bei allen Entscheidungen betrachtet werden." Es brauche Investitionen in Bildung, Elementarpädagogik und Pflege, um Frauen zu entlasten und neue, qualitative Arbeitsplätze zu schaffen. Arbeit, unbezahlte wie bezahlte, müsse geschlechtergerecht verteilt werden.
Zudem gelte es den Bereich der Daseinsvorsorge neu zu denken, so Mader: "Was kann in bezahlte Erwerbsarbeit umgewandelt werden, was bisher unbezahlt gemacht wurde?" Die Gleichstellungsfrage sei auch nicht getrennt von der Klimafrage zu beantworten, ein Blick in den Süden der Welt etwa zeige, wie stark Frauen vom Klimawandel betroffen seien.
Sorge als Aufgabe aller Geschlechter
Dass auch in immer weniger christlich geprägten Gesellschaften Frauen den weit überwiegenden Teil der privaten wie beruflichen Sorge-Arbeit übernehmen, liegt nach Ansicht der feministischen Theologin Aurica Jax in kulturellen, aus dem Christentum rührenden Zuschreibungen begründet. Insbesondere im Katholizismus seien diese Zuschreibungen über Jahrhunderte zementiert worden, so Jax. Sie spricht etwa vom Rollenmuster eines "männlichen Herrschergottes" und Maria als Rollenmodell für das "dienende Geschlecht".
Feministische Kritik habe dieses Rollenmuster analysiert und kritisiert sowie Alternativen entwickelt, die "zunehmend zum Allgemeingut werden", wie Jax sagt. Sie verweist auf "vielfältige Gottesbilder, Maria als aktive Prophetin, die Entdeckung der 'starken Frauen' in der Bibel und der Kirchengeschichte".
Auch Jax verweist auf den Konnex von Klima- und Geschlechtergerechtigkeit: "Die ökologische Katastrophe lässt sich mit tief sitzenden Vorstellungen erklären, die mit den genannten Geschlechterzuschreibungen verbunden sind: gegen die 'Herrschaft über die Natur' als falsch verstandene Stärke setzen ökologische Theologien die Verwobenheit allen Lebens miteinander und die Sorge als Aufgabe aller Geschlechter." (Infos: www.kfb.at)
Quelle: kathpress