Olympiakaplan Chavanne: Bei Paralympics endlich "Seelsorge live"
Für Olympiakaplan P. Johannes Paul Chavanne waren seine vierten Olympischen Spiele in Tokio die bisher ungewöhnlichsten - war er doch erstmals nicht live vor Ort im Olympiadorf und an den Wettkampfstätten, sondern bot coronabedingt Unterstützung online von zuhause aus an. Er habe "alles verfolgt" und sei via soziale Medien gut erreichbar gewesen, die Kontakte zu den österreichischen Olympia-Teilnehmenden seien aber "punktuell" gewesen, die Kommunikationswege zwischen Japan und Österreich doch sehr lang, so der Zisterzienser aus Heiligenkreuz am Montag im Gespräch mit Kathpress. Bei den Paralympics werde sich das ändern, dort sei endlich auch "Seelsorge live" möglich.
Chavanne wird zu den Olympia-Bewerben für Sportler mit Körperbehinderung am 23. anreisen, die Wettkämpfe dauern dann von 24. August bis 5. September. Und die Auflagen für den Schutz vor Covid-Infektionen seien enorm hoch. Gleich zwei PCR-Tests 96 und dann nochmal 72 Stunden vor der Einreise seien erforderlich, auch vor Ort gebe es strikte Vorkehrungen. Dennoch ist dem Olympiaseelsorger die Vorfreude auf die Paralympics anzuhören: "Seelsorge lebt vom persönlichen Kontakt", Austausch vor Bildschirmen sei nie dasselbe. Auch sei der Behindertensport familiärer, überschaubarer, entspannter - selbst wenn es auch hier "Sport auf allerhöchstem Niveau" gebe.
Die bei den Paralympics antretenden Athletinnen und Athleten verdienten Beachtung. Laut Chavanne verdeutlichten sie besonders eindringlich den "Comeback-Gedanken", also den Lebensmut, sich nach Schicksalsschlägen wieder zurückzukämpfen und zu "zeigen, was man draufhat". Der Ordenspriester erhofft sich ähnlich viel Aufmerksamkeit für die hier engagierten Menschen und ihre Geschichten wie dies bei den so erfreulich erfolgreichen Olympia-Teilnehmern gewesen sei.
"Zehn Gebote gelten auch beim Sport"
Vor dem Hintergrund zweier Vorfälle bei den am Sonntag beendeten Olympischen Spielen unterstrich Chavanne, dass Ethik und Moral immer und überall im Sport gelten müssen: Verstörende Bilder hatten zuletzt beim Modernen Fünfkampf der Damen Tierschützer auf den Plan gerufen, und ein deutscher Radtrainer sorgte für eine rassistische Entgleisung beim Zeitfahr-Bewerb. Auch wenn in einer Wettkampfsituation sicher ein emotionaler Ausnahmezustand herrsche, braucht auch der Sport verlässliche ethische Maßstäbe, die die Würde von Mensch und Tier schützen, so Chavanne. "Die Zehn Gebote gelten überall!"
Menschenrechte seien auch wichtiger als wirtschaftlicher Profit, hielt der Priester fest. Sportveranstaltungen auch in der Größenordnung von Olympia oder Fußball-WM dürften nicht auf dem Rücken von Ausgebeuteten ablaufen. Er habe schon manchmal den Eindruck, dass einzelne Akteure - und hier eher Funktionäre als Sportler - den Sport in erster Linie als Mittel zum Geldverdienen sehen.
Ökumenische Feier mit Deutschen
Gemeinsam mit dem deutschen evangelischen Olympiapfarrer Thomas Weber und dessen katholischer Sportseelsorge-Kollegin Elisabeth Keilmann bot P. Chavanne zuletzt einen Video-Gottesdienst für deutschsprachige Athleten an. Er frage sich manchmal, "was Gott wohl denkt, wenn er uns von Rekorden für die Ewigkeit sprechen hört", hatte Weber vorab in einem Interview der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag) erklärt. "Das ist doch alles so vergänglich und interessiert in zehn Jahren niemanden mehr", sagte der Gemeindepfarrer aus dem westfälischen Gevelsberg. Er hoffe jedenfalls, "dass der himmlische Schöpfer eine Menge Humor für uns übrig hat."
Auch Weber und Keilmann hatten coronabedingt die deutschen Olympia-Sportler heuer virtuell aus der Ferne betreut. Keilmann erklärte dazu in einem Interview des Portals katholisch.de, dass sich die Sportseelsorger als "Trainer der Seele" verstünden. "Wir haben Zeit, um zuzuhören, sprechen Mut zu und zeigen dem Menschen: Du bist wertvoll, auch wenn du keine Goldmedaille gewonnen hast. Auch wenn die persönlichen Begegnungen und die zufälligen Gespräche in diesem Jahr allen fehlten, zeige jedoch die Erfahrung: "Für viele ist es gut zu wissen, dass wir da sind."
Quelle: kathpress