Nuntius Lopez: "Glauben der Menschen wieder zurückgewinnen"
Die von der Coronakrise forcierte schwindende Glaubenspraxis der heimischen Katholiken und Versuche einer Politisierung der Kirche betrachtet der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, als besondere Herausforderungen für die katholische Kirche im Land. "Eine große Aufgabe der Kirche, nicht nur in Österreich, wird deshalb sein, diesen Glauben wieder zurückzugewinnen. Denn das ist ein gängiges Problem im Westen", betonte der Vatikandiplomat in einem Interview für die aktuelle Ausgabe des "Vorarlberger KirchenBlatts" (Donnerstag).
"Das größte Problem für die Kirche in Österreich ist aktuell die Säkularisierung", sagte Lopez. Dabei meine er aber nicht jene Menschen, die der Kirche offiziell den Rücken zukehren. "Vielmehr sind es jene Menschen, die zwar offiziell Katholiken sind, ihren Glauben aber nicht mehr praktizieren", erklärte der Nuntius. "Die Menschen genießen ihr Leben nur und stellen sich nicht mehr die Frage nach dem Sinn desselben." Bereits vor der Coronakrise seien immer weniger Menschen in die Kirchen gegangen, das habe sich durch die Pandemie nun noch verstärkt, gab Lopez zu bedenken.
Als Problem bezeichnete der Nuntius auch die Politisierung der Kirche. "Wir haben viele verschiedene Gruppen im Land mit verschiedenen Meinungen. Das ist auch schön so, in der Kirche gibt es auch Meinungsfreiheit." Problematisch werde es aber, "wenn gewisse Gruppen polarisieren und somit spalten wollen", hielt Lopez fest: "Denn als Kirche wollen wir als Einheit arbeiten".
Nuntius in zweifacher Mission
Seit mittlerweile zweieinhalb Jahren ist der 68-jährige spanische Vatikandiplomat Gesandter des Papstes in Österreich. Mit großem Interesse verfolge er etwa die Prozesse zur Neugestaltung des pastoralen Dienstes in den verschiedenen Diözesen, schilderte Lopez im Gespräch mit dem "Vorarlberger KirchenBlatt". Als Diplomat für den Heiligen Stuhl müssten zwei Aspekte erfüllt werden: "Wir versuchen, den lokalen Kirchen so gut wie möglich zu helfen. Und wir sind ein Instrument der Kommunikation zwischen der lokalen Kirche und Rom." Der wichtigste Aspekt sei dabei aber, "ein Instrument des Friedens zu sein - zwischen den lokalen Kirchen und dem Heiligen Vater", so der Apostolische Nuntius.
In der Diplomatie gehe es in erster Linie darum, Beziehungen mit der Gesellschaft aufzubauen, um das jeweilige Land besser kennenzulernen. Manchmal funktioniere das relativ gut und manchmal weniger. "Wichtig ist dabei, dass wir für die Realitäten des Landes offen sind, um dadurch so viele Meinungen wie möglich und so akkurate Informationen wie möglich an den Heiligen Vater weiterzugeben", gab der Erzbischof Einblick in seine Arbeit als päpstlicher Gesandter.
Den Weg in die Diplomatie habe er sich nicht selbst ausgesucht, vielmehr sei er während seines Studiums in Rom von den zuständigen Verantwortlichen im Vatikan dazu eingeladen worden: "Von Anfang an war es mein Ziel, Jesus zu folgen und zu dienen. Ich dachte mir, dass dies der Ruf Gottes durch die Kirche sein müsse", erzählte Lopez. Für den Großteil der Diplomaten des Heiligen Stuhls sei dieser Dienst ein großes Opfer, "weil sie ihr normales Leben als Priester aufgeben müssen".
Seit 1984 im diplomatischen Dienst
Pedro Lopez Quintana stammt aus dem nordspanischen Barbastro, wo er am 27. Juli 1953 geboren wurde. Nach der Priesterweihe am 15. Juni 1980 promovierte er im Fach Kirchenrecht und trat 1984 in den Diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls ein. Lopez war zunächst als Mitarbeiter an den päpstlichen Vertretungen in Madagaskar, Philippinen und Indien sowie in der römischen Kurie tätig. Ab 1998 war er Assessor der Sektion für Allgemeine Angelegenheiten des vatikanischen Staatssekretariats. In dieser Funktion wirkte er knapp fünf Jahre lang als Stellvertreter der damaligen Substituten (vatikanischen "Innenminister") Kardinal Giovanni Battista Re bzw. Kardinal Leonardo Sandri.
Ende 2002 wurde Lopez von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) zum Titularerzbischof von Agropoli ernannt und wenige Wochen später zum Apostolischen Nuntius in Indien und Nepal. Die Bischofsweihe spendete Johannes Paul II. persönlich am 6. Jänner 2003 im Petersdom. Papst Benedikt XVI. (2005-2013) ernannte Lopez 2009 zum Nuntius in Kanada. Nach einer kurzen Rückkehr in das vatikanische Staatssekretariat im Jahr 2013 wirkte Lopez seit 2014 als Nuntius in Litauen, Estland und Lettland. 2019 ernannte ihn Papst Franziskus zum Leiter der Apostolischen Nuntiatur in Wien.
Quelle: kathpress