Zulehner zur Papstreise: Franziskus besucht "Kirchen im Umbau"
Wenn Papst Franziskus am Sonntag Ungarn und danach die Slowakei besucht, dann trifft er dabei auf Kirchen, die "vor einem riesigen Umbau stehen". Das sagte der emeritierte Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner im Interview mit dem "Kurier", das am Samstag gekürzt in der Printausgabe sowie in voller Länge auf Zulehners Blog erschien. Den Besuch in Budapest zum Abschluss des dortigen Eucharistischen Weltkongresse bewertete der Religionssoziologe grundsätzlich positiv. Eucharistie bringe das Innerste der Kirche auf den Punkt: "Eine Kirche, die lernt, Füße zu waschen und zu denen zu gehen, die schlecht bei Fuß sind. So kann die Kirche beides sein: mystisch und politisch, fromm und engagiert zugleich." Der Papst fahre zum Kongress, "um genau in dieser Richtung der ganzen Welt Mut zu machen."
Die Kirchen in Mittel- und Osteuropa müssten frei von den Repressionen des Kommunismus noch lernen, als freie Kirche in einem freien Staat zu leben, so Zulehner, der weiter ausführte: "Leider meinen viele, dass es dazu ein neues Feindbild braucht. Für manche ist der neue Feind dann der liberale Westen, von dem sie sich abgrenzen können, und das scheint ein Grund zu sein, dass sie auf Papst Franziskus weniger setzen als sie zum Beispiel auf Johannes Paul II. gesetzt haben, der einer der Ihren war; Benedikt XVI. spielt hingegen für sie kaum eine Rolle."
Es gebe somit eine "große Spannung zwischen Johannes Paul II., der ja auch innerkirchlich sehr retardierend war und der wahrscheinlich den Kirchen in Osteuropa besser gefallen hat als Franziskus, der möchte, dass die Kirche sich von Gott her in die heutige Welt hinein bewegt und sich darum bemüht, dass es eine Welt wird, in der es gerechter zugeht, in der auch das Klima besser geachtet wird für das Welthaus, in dem wir leben können."
Im Blick auf die unterschiedliche Länge der Papstbesuche in Ungarn und Budapest meinte Zulehner, dass es schon richtig interpretiert worden sei, dass der Kurzbesuch sehr wohl eine "symbolische Botschaft" sei: "Es werden sich zwar Orban und Franziskus jetzt treffen, aber das wird eher ein diplomatisches Treffen sein und weniger ein Treffen der Übereinstimmung der Herzen und der politischen Ansichten."
Als wichtig bezeichnete der Priester und Theologe den Besuch des Papstes in der Ostslowakei bei der dortigen griechisch-katholischen Kirche. "Dort trifft er jenen Pfarrer, der mit den Romas lebt, sich um Bildung und Nahrung kümmert. Es ist dort die Kirche genau an jenem Platz, wo der Papst sie gerne sieht: bei den Menschen am Rand." Dies sei "wie ein theologisches Heimspiel des Papstes. Es ist wie ein konkretes Anwendungsbeispiel des Eucharistischen Kongresses." Damit demonstriere der Papst unübersehbar, wofür die Kirche steht: an der Seite der Schwächeren an den Rändern der Gesellschaft. Zulehner resümierend: "All das zeigt der Papst, indem er in die Roma-Siedlung geht und sich nicht nur mit 'den Orbans' trifft.
Quelle: Kathpress