Bionikerin: Lebensweise maximal, Lebensqualität minimal ändern
Die globale Umwelt- und Klimakrise erfordert entschiedenes Gegensteuern: "Wir müssen eine maximale Veränderung unserer Lebensweise erreichen und gleichzeitig eine minimale Veränderung unserer Lebensqualität", erklärte die an der TU Wien Bionik lehrende Physikprofessorin Ille C. Gebeshuber im Interview der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe). Die renommierte Naturwissenschaftlerin, die 2017 als "Österreicherin des Jahres" in der Kategorie "Forschung" ausgezeichnet wurde, steht seit Kurzem an der Spitze des Katholischen Akademiker-Verbandes Wien und bezeichnet den christlichen Glauben als "mein Fundament und meine Basis". "Wir wollen nicht zurückkehren in die Steinzeit", sagte Gebeshuber, aber globale Nachhaltigkeit müsse das anzustrebende Ziel sein.
Ein Weg, um den verschwenderischen Umgang mit Ressourcen und die heutige Wegwerfgesellschaft zu überwinden, sei die Bionik - eine Kombination der Worte Biologie und Technik, bei der es darum gehe, von der belebten Natur und deren Jahrmillionen langer Entwicklung zu lernen. Generell sei den Lösungen der Natur sehr oft eines gemeinsam, so die Physikerin: Sie arbeiten mit lokalen Materialien und mit geringem Energieaufwand. Dies könne Vorbild sein für technische Innovationen.
In vielen Bereichen verbrauche die Menschheit derzeit mehr Ressourcen als der Planet Erde zur Verfügung stellt. Diese Art des Lebens habe ein Ablaufdatum und erfordere, die Lebensweise klug zu verändern und eine "ultimative Versorgungskrise zu vermeiden". Laut der KAV-Vorsitzenden wäre es gut, "wenn das eher früher als später passiert". Künftigen Generationen dürfe nicht die Möglichkeit verbaut werden, auch ein gutes Leben führen zu können. "Wir können nicht beispielsweise auf dem Rücken eines globalen Artensterbens der Menschheit eine gute Zukunft bauen", betonte Gebeshuber. Das sei "verantwortungslos und natürlich auch entgegen jeder Schöpfungsverantwortung", für die Papst Franziskus "in seiner wunderbaren Enzyklika Laudato si" werbe.
Gemeinsames Interesse trotz Konflikten
Rund um die erforderliche Lebensstiländerung gibt es laut der Wissenschaftlerin viele Kontroversen und viele verschiedene ideologische Standpunkte. "Aber es gibt doch einen gemeinsamen Nenner: Dass wir uns alle eine Zukunft wünschen, in der alle Menschen in Wohlstand und ohne elementare Sorge leben können." Idealerweise werde die Menschheit ihr Wissen und ihre Ideen dafür einsetzen, "es kann aber auch ganz anders ausgehen und unsere Gesellschaft bricht zusammen".
Gebeshuber hält es für notwendig, die christlichen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung in diesen Wandlungsprozess einzubringen - "das, was uns zu Menschen macht." Ihre Überzeugung: "Wir dürfen uns in diesem ganzen Fortschrittswahn nicht in beliebige Einheitswesen verwandeln oder verwandeln lassen. Das Menschsein an sich ist wertvoll."
Quelle: kathpress