Semesterstart in Salzburg: Theologie fragt nach dem Wozu?
Mit einem Festakt am Donnerstag ist die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Salzburg ins neue Wintersemester gestartet. Nach dem traditionellen Semestereröffnungsgottesdienst mit Abtpräses Johannes Perkmann in der Kollegienkirche erfolgte die offizielle Staffelübergabe an den neuen Dekan: So folgt Prof. Michael Zichy als Dekan auf Prof. Alois Halbmayr, der diese Funktion vier Jahre lang ausgefüllt hat. Die Funktion des Vizedekans übernimmt der Liturgiewissenschaftler Prof. Alexander Zerfass.
In ihren Grußworten brachten Dekan Zichy, Abtpräses Perkmann sowie der Salzburger Uni-Rektor, Prof. Hendrik Lehnert, gleichermaßen ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass das neue Semester weitgehend in Präsenz starten konnte - "und die Universität so wieder zu dem wird, was sie ausmacht, was sie sein soll: ein Ort der Begegnung und des kultivierten Streits und der Diskussion", so Zichy. Auf die Bedeutung einer "starken Theologie" für Stadt und Land verwiesen Abt Perkmann und Rektor Lehnert. Es brauche eine solche starke Theologie, "heute dringender als zuvor, um mit den Fragen umzugehen, die uns die Pandemie aufgezwungen hat", so Rektor Lehnert, der zugleich dem scheidenden Dekan Halbmayr für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren dankte.
Zichy: "Wer, wenn nicht wir?"
Der neue Dekan, Prof. Zichy, skizzierte in seiner Begrüßungsansprache, worin die Aufgaben der Entwicklung der Fakultät in den nächsten zehn Jahren liegen: Es seien viele Projekte bereits auf den Weg gebracht worden, wie etwa die Reform der Lehrpläne, auch in der "third mission", der aktiven gesellschaftlichen Mitgestaltung und Wirkung, könne man auf Erfolge verweisen, so Zichy etwa unter Verweis auf die "Salzburger Hochschulwochen".
Dennoch seien die Herausforderungen enorm - sei es der kirchliche Missbrauchsskandal, der Rückgang der Studierendenzahlen oder die großen gesellschaftlichen Fragen wie Migration, Klimakrise und soziale Ungleichheit. "Wir stecken mitten drin in einem Epochenwandel, ohne zu wissen, wohin es geht", so Zichy zusammenfassend. Das sei zugleich aber eine "Riesenchance" für die Theologie, da die Gesellschaft orientierungs- und theologiebedürftig sei: "Wer, wenn nicht wir?"
Halbmayr: Theologie und Kirche brauchen einander
Alois Halbmayr, Professor für Dogmatik an der Uni Salzburg, nutzte seinen Abschied u.a. zu einer Basisreflexion auf die Frage "Welche Theologie - für wen und wozu?" Nur jene Theologie sei zukunftsfähig, so Halbmayrs Fazit, die sich "kritisch den großen und kleinen Fragen der Menschheit stellt" und sich innerhalb des Wissenschaftsbetriebs gegen ein bloßes, naturalistisch imprägniertes Kosten-Nutzen-Kalkül zur Wehr zu setzen vermag. Dabei dürfe Theologie ihre kirchliche Bindung weder überbetonen noch leugnen: "Kirchlicher Anspruch und säkulare Aufgabe sind kein Widerspruch und keine Alternative, sondern erst in ihrem kreativen Zusammenspiel können sie jene kritische Theologie hervorbringen, die sich im kirchlichen Kontext ihre Kritikfähigkeit bewahrt und im postsäkularen Milieu sprachfähig bleibt."
Seiner eigenen Fakultät stellte Halbmayr diesbezüglich ein positives Zeugnis aus. Der wissenschaftliche Output stimme, es gebe rege Forschungs- und Publikationstätigkeit und Leuchtturmprojekte wie etwa die "Salzburger Hochschulwochen", kurz: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht." Dennoch leide auch die Salzburger Fakultät unter einem Rückgang an Studierendenzahlen - in Folge würden Kostendruck und Verteilungskämpfe voraussichtlich weiter steigen, prognostizierte der scheidende Dekan. Verstärkt werde dieser Trend durch amtskirchliche Reform- und Erneuerungsprobleme, die zu einem Abschmelzen kirchlicher Milieus betragen, aus denen sich der Pool der Studierenden maßgeblich speise: "Ob es uns gefällt oder nicht: Unser Schicksal als theologische Fakultät hängt an der Entwicklung der Kirchen."
Als konkrete fakultäre Handlungsoption verwies Halbmayr auf die Notwendigkeit, einen neuen "Entwicklungsplan" zu erarbeiten. Darin sollten zukünftige Schwerpunkte festgelegt und auch heikle Fragen wie die Personalsituation und anstehende Nachbesetzungen sowie Fragen verstärkter inner- wie interfakultärer Kooperationen fixiert werden. Wünschenswert wäre etwa die Entwicklung eines neuen, sozialethisch ausgerichteten, fakultätsübergreifenden Kompetenzzentrums, so Halbmayrs Vorschlag - ein Kompetenzzentrum, "das sich gut mit den neuen Leitmotiven der PLUS verbinden ließe, sich als anschlussfähig für die vielen Initiativen der Zivilgesellschaft erweisen könnte und darüber hinaus bestens mit Stadt und Land Salzburg vernetzt wäre".
"Nach meiner Erfahrung werden wir um eine solche klare Zukunftsstrategie nicht mehr herumkommen", so Halbmayr abschließend. Unbedingt gelte es dabei, für den weiteren Erhalt des Fakultätsstatus zu kämpfen. Dies sei "die entscheidende Marke, das Um und Auf", an der die Zukunft der Theologie in Salzburg hänge.
Die theologische Fakultät der Uni Salzburg zählt aktuell rund 500 Studierende. Betreut werden diese von rund 30 Lehrenden. (Infos: https://www.plus.ac.at/theologie)
Quelle: kathpress