Grundeinkommen bleibt "Vision" katholischer Arbeitnehmer
Das Bedingungslose Grundeinkommen bleibt eine "Vision", auf die die "Katholische Arbeitnehmer:innenbewegung Österreichs" (KABÖ) immer wieder die Aufmerksamkeit lenkt und deren fundierte Diskussion sie fordert. Bei ihrer jüngsten Bundeskonferenz in St. Pölten setzten sich die Delegierten mit den sozialpolitischen und ethischen Aspekten eines Grundeinkommens auseinander - vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, die die Dringlichkeit des Themas verstärkt habe, wie es in einer Aussendung am Freitag heißt: "Viele in unserem Land können von ihrer Arbeit nicht leben."
Als Gründe dafür nannte die KABÖ u.a., dass Arbeitnehmerinnen und -nehmer zu wenig verdienen, auch dass sie unbezahlte Arbeit verrichten, weil sie gesundheitlich eingeschränkt sind oder Angehörige versorgen bzw. pflegen. Für erwerbsarbeitslose Menschen reiche das derzeitige Arbeitslosengeld vielfach nicht aus. Und die viel zitierten offenen Arbeitsstellen würden selten mit der Lebens- oder Gesundheitssituation bzw. den jeweiligen Fähigkeiten der Stellensuchenden zusammenpassen.
"Es braucht also eine grundlegende Weiterentwicklung des Sozialstaats, denn es geht um gesicherte Existenz, um die materielle Basis für ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben", erklärte KABÖ-Bundesvorsitzende Anna Wall-Strasser im Anschluss an einen Studientag zu Grundeinkommen und Existenzsicherung. Ein solches Leben stehe jedem Menschen zu - unabhängig von Erwerbsarbeit.
Gegen Klischee der "sozialen Hängematte"
Besonderes Augenmerk sei auf die mehr als 200.000 Langzeitarbeitslosen in Österreich zu legen, die aufgrund diverser Einschränkungen derzeit keine Chance auf einen Arbeitsplatz hätten "und somit durch unser erwerbsarbeitszentriertes Sozialsystem fallen". Nach den Ausführungen des Sozialexperten Nikolaus Dimmel von der Uni Salzburg beim KAB-Studientag muss ein wie immer ausgestaltetes Grundeinkommen auf dem bestehenden Sozialstaat aufbauen: Wohnen, Bildung, Gesundheit und Infrastruktur müssten leistbar bleiben. Wie Befragungen seit drei Jahrzehnten verdeutlichten, würden manche eine gesicherte finanzielle Basis für einen Berufswechsel oder gemeinwohlorientierte Tätigkeiten nützen. Viele würden hingegen ihre Arbeitszeit verkürzen.
Beeindruckende Erfahrungen seien beim 2018 und 2019 im Oberen Waldviertel durchgeführten "Projekt Grundeinkommen" gesammelt worden, das der damalige Betriebsseelsorger und jetzigen KAB-Bundesseelsorger Karl Immervoll initiierte: "Niemand lag in der sozialen Hängematte", berichtete Immervoll. "Arbeit gibt es genug, vor allem unbezahlte. Was wir brauchen, ist nicht ein Recht auf Arbeit, sondern ein Recht auf Einkommen", so sein Schluss aus der wissenschaftlich begleiteten Projektevaluierung.
Die KABÖ will das Thema weiter forcieren. Für Juni 2022 hat sie ein Symposion an der Universität Wien angekündigt, das Karl Immervoll u.a. mit dem Sozialwissenschaftler Jörg Flecker konzeptiv vorbereitet.
70 Jahre KABÖ
Bei der Bundeskonferenz wurde auch ein Jubiläum gefeiert: Im April 1951 wurde in Attnang-Puchheim die KAB Österreich als eigenständige Gliederung der Katholischen Aktion gegründet. Das war der Anlass für ein pandemiebedingt klein gehaltenes Fest im Maria Ward Haus im Lilienhof bei St. Pölten. Alte und junge Engagierte kamen dabei u.a. ins Gespräch über die Positionierung als Arbeitnehmervertretung, über Politik und Kirche damals wie heute, über Grundeinkommen und Lieferkettengesetz. Resümee in der KABÖ-Aussendung: "Den starken Arm der Arbeiter:innen und Brot und Rosen (ein Slogan der US-Gewerkschaftsbewegung des frühen 20. Jahrhunderte, Anm.) wird's noch weitere 70 Jahre brauchen!"
Die KABÖ informierte weiters über ihren abgeänderten Namen "Katholische Arbeitnehmer:innen Bewegung", in dem der Doppelpunkt ab sofort für eine "gendergerechte, inklusive und barrierefreie Schreibweise" sorgen soll. Diese werde auch im Logo und hinkünftig in allen Publikationen berücksichtigt.
(Info: www.kaboe.at)
Quelle: kathpress