Mediziner:
Noch viele offene Fragen beim assistiertem Suizid
Mediziner:
Noch viele offene Fragen beim assistiertem Suizid
Noch etliche offene Fragen sieht der Palliativmediziner Rudolf Likar in dem am Wochenende von der Regierung präsentierten Gesetzesvorschlag zur Suizidbeihilfe. Das Gesetz sei auf juristischer Basis diskutiert worden, "auf einer emotionalen Ebene noch lange nicht", so der Abteilungsvorstand für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Klinikum Klagenfurt, der auch Vizepräsident der Katholischen Aktion (KA) Kärnten ist, im Interview mit der Kärntner "Woche" (aktuelle Ausgabe).
Etwa in Bezug auf die dreimonatige Begutachtungsfrist ist laut Likar nicht geklärt, welcher Arzt - einer mit Palliativausbildung oder ein Allgemeinmediziner - die erste Begutachtung vornehmen solle, sowie auch der Zeitpunkt der zweiten Begutachtung. Weitere Unklarheiten: "Was geschieht, wenn man die Substanz dann nimmt, diese jedoch nicht funktioniert? Was macht dann der Notarzt? Da müsste man hineinnehmen, dass der Notarzt das Leben nicht retten dürfte." Auch wie ein Apotheker mit dem Aushändigen des tödlichen Medikaments an eine ihm eventuell unbekannte Person umgehen solle, brauche genauere Regelung.
"Grundsätzlich keine Freude" hat Likar damit, dass die Sterbeverfügung auch für psychisch kranke Menschen gelten soll. Denn: "Eine psychische Erkrankung ist keine Erkrankung, die unmittelbar zum Tod führt." Hier könnte freilich das andere von der Regierung vorgeschlagene Kriterium der dauerhaften Beeinträchtigung in der gesamten Lebensführung zutreffen.
Schutz vor "geistigem Virus" assistierter Suizid
Der assistierte Suizid sei ein "geistiges Virus", vor dem es die Gesellschaft zu schützen gelte, wiederholte Likar eine in seinem aktuellen Buch "Es lebe der Tod - Tabuthema Sterben" erhobene Forderung. Dazu müssten alle beteiligten Akteure - auch die Kirchen mit ihren Hilfswerken wie Caritas und Diakonie - mit Hochdruck darauf hinarbeiten, zu den von Suizid gefährdeten Menschen "die Hand auszustrecken". Die Gesellschaft brauche eine Weiterentwicklung, damit ein "Abschieben" in Pflegeheime nicht die einzige Alternative sei. 95 Prozent der alten Menschen wollten nämlich am liebsten zu Hause sterben, hätten Befragungen unter 5.000 Palliativ-Patienten ergeben.
Den Ausbau palliativer Versorgung habe dabei laut dem Experten vorrangige Bedeutung. "Wenn es eine menschliche Wärme gibt, dann werden Sterbeverfügungen die Ausnahme bilden", betonte Likar. Schließlich gebe es schon Medikamente, die Schmerzen und Leiden lindern können. "Darüber redet aber keiner", so der Anästhesist. Den assistierten Suizid halte er als Ergebnis der Tatsache, dass über die längst bestehenden Möglichkeiten der Medizin rund ums Sterben nicht gesprochen werde.