Konversion als Asylgrund: Experte sieht Verbesserungen bei Behörde
Verfolgung aufgrund religiöser Überzeugungen ist laut Genfer Flüchtlingskonvention ein anerkannter Fluchtgrund. Ein Religionsübertritt bzw. der Wunsch dazu muss daher in laufenden Asylverfahren berücksichtigt werden. In den ersten Jahren nach den großen Fluchtbewegungen ab 2015 sei der Umgang mit den Behörden in diesem Zusammenhang aber "ziemlich schwierig" gewesen, so Daniel Vychytil von der Erzdiözese Wien gegenüber der "Wiener Zeitung" (Freitag-Ausgabe). Im Laufe der vergangenen Jahre habe sich die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen aus seiner Sicht aber deutlich verbessert.
Der Unterschied: "Damals waren die Fälle beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das wegen der großen Zahl an Asylanträgen zwischen 2015 und 2017 stark überfordert war, heute sind sie vor Gericht." Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entscheidet als Behörde in erster Instanz über einen Asylantrag. Wird die Entscheidung über einen negativen Asylbescheid angefochten, geht der Antrag an das Bundesverwaltungsgericht als zweite Instanz und wird dort neu geprüft.
2015 wurden viele neue Beamtinnen und Beamte kurzfristig angeworben und eingeschult. "Nicht alle waren für die Aufgabe geeignet", bilanzierte Vychytil. "Teils kamen absurde Fragen im Verfahren." Mit der Entspannung bei der Zahl der Asylanträge entspannte sich aber auch zunehmend die Stimmung zwischen Behörden, NGOs und Kirchenvertretern.
Einjährige Vorbereitung auf die Taufe
Vychytil ist Zuständiger für das Erwachsenenkatechumenat in Wien sowie Leiter des Koordinationsbüros für Katechumenat und Asyl der Österreichischen Bischofskonferenz. Wie ernst es um die Motivation potenzieller Taufkandidaten tatsächlich stehe, merke man zwar in der Regel schon beim Erstgespräch, so der Experte. Um sich einen genaueren Eindruck über die Motive zu machen, hätten die Verantwortlichen der Kirche aber deutlich mehr Zeit. Einer potenziellen Taufe gehe zumindest in der katholischen Kirche ein mindestens einjähriger Prozess mit idealerweise u.a. wöchentlichem "Taufunterricht" voraus. In den Freikirchen könne es vom Taufinteresse bis zur vollzogenen Taufe hingegen auch recht schnell gehen.
Ein Ablehnen eines Taufbewerbers sei im Fall der katholischen Kirche kirchenrechtlich nur in Ausnahmefällen möglich, erläuterte Vychytil: "Es gibt aber schon Fälle, wo dann die Taufvorbereitung deutlich länger dauert als ein Jahr." In Asylverfahren, in denen es um religiöse Verfolgung geht, werden Kirchenvertreter in der Regel als Zeugen befragt. Letztlich sei deren Einschätzung aber nicht entscheidend für den Ausgang eines Asylverfahrens
Bei jenen, die den Prozess der Taufvorbereitung gut durchlaufen, sei die Wahrscheinlichkeit für einen positiven Asylbescheid aber hoch, berichtete Vychytil. Es habe in den vergangenen Jahren auch sehr wenige Abschiebungen von Konversionswilligen gegeben. Garantie für einen Aufenthaltstitel gebe es wegen eines Religionsübertritts aber keine.
Die Gerichte würden vor allem zu beurteilen versuchen, ob die Religion für einen Asylwerber so identitätsstiftend sei, dass ihm in der Heimat deshalb tatsächlich Gefahr drohe, erläuterte Vychytil. Wie grundsätzlich in Asylverfahren, würden die Chancen aber auch wesentlich vom einzelnen Richter oder der Richterin abhängen. Einige würden die Situation "genau analysieren und abwägen, andere sind bekanntermaßen sehr streng". Die Wahrscheinlichkeit, einen negativen Asylbescheid zu bekommen, sei dann deutlich höher, so der Kirchenexperte.
Innenministerium veröffentlicht keine Zahlen
Wie viele Menschen in Österreich Asyl wegen religiöser Verfolgung erhalten, wird von den Behörden nicht veröffentlicht. Ebenso wenig wie die Zahl der abgelehnten Asylanträge und die Gesamtzahl der Anträge aus diesem Grund. Im Innenministerium wurde gegenüber der "Wiener Zeitung" zwar betont, dass eine Konversion "jedenfalls im Rahmen der Einzelfallprüfung vom zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl berücksichtigt" werde. Eine statistische Erfassung der individuellen Fluchtgründe erfolge allerdings nicht, eine Auswertung dieser sei daher "nicht möglich".
Quelle: Kathpress